Der lange Weg zur Chancengleichheit

Der Hochschulsport ist noch nicht barrierefrei

  • Anton Scholz
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Sitzreihen sind so eng, dass kein Rollstuhl durchkommt, die Fahrstühle so abgelegen, dass sie kaum einer findet, und die Professorenräume sind für Menschen mit Behinderung oft gar nicht erreichbar. Diese Art Studienprobleme setzt sich oft im Hochschulsport fort: In der Technischen Universität Berlin etwa muss jeder, der beim Fitnesskurs mitmachen will, durch drei schwere Türen bevor er in den Geräteraum gelangt ist. Es ist offensichtlich: Das ist trotz versprochener Barrierefreiheit leider noch der Regelfall an deutschen Universitäten.

Gerade während in London die Paralympics laufen, wird immer wieder betont, wie wichtig körperliche Betätigung für Menschen mit Behinderungen ist: Sie dient dem Selbstbewusstsein, der Gesundheit - und sie integriert. Behindertensport muss also auch im Breitensport gefördert und überhaupt erst einmal angeboten werden, damit auch Nicht-Profis diese Vorzüge erfahren.

Wie also kommen die Unis ihrem Gleichstellungs- und Integrationsauftrag nach? Auf sehr unterschiedliche Weise. So bietet die Freie Universität Berlin Rollstuhlbasketball, Rollstuhltanz, integratives Rudern und Segeln sowie Skilanglauffreizeiten für Behinderte und Nichtbehinderte an.

Die nicht weit entfernte Uni Potsdam hingegen hat nicht ein einziges Sportangebot für Behinderte. Und das obwohl nach Angaben des Deutschen Studentenwerkes der Anteil von Studierenden mit Behinderungen bei acht Prozent liegt. Es sei ein langer und anstrengender Weg zur Chancengleichheit, sagt auch Harry Baus, Behindertenberater an der Uni Bochum. So müssen beispielsweise Finanzierungshilfen für Extrakosten aller Arten immer wieder vor Gericht eingeklagt werden und man brauche einen langen Atem um Solidarität mit den Benachteiligten zu schaffen.

Die Behindertenbeauftragte der Potsdamer Uni, Irma Bürger, sagt zwar, dass sich »Studierende mit Behinderungen für alle Sportarten interessieren können« und »dann individuelle Absprachen mit den entsprechenden Trainern geführt werden«. Doch sie muss zugeben, dass eben jene Studenten dann meist lieber »ganz privat in verschiedenen Vereinen trainieren.«

Dabei sind die Chancen auf Förderung auch abseits der Hochschulen gering. So beklagt Dirk Tannert, Projektleiter für Kampfkunst & Handicap beim SC Potsdam: »Wir üben auf abgenutzten Matten, weil kein Geld für neues Equipment da ist.« Weiter fragt er: »Worin liegt der Sinn der staatlichen Förderpolitik? Was bringt der Spitzensport für unsere Gesellschaft? Werbeverträge und ein paar Einschaltquoten?«

Tammert sähe den Fokus lieber im Breitensport. «Der bringt Gesundheit, soziale Kontakte, Erfolgserlebnisse und Lebensfreude.« Vielleicht ist das Problem, dass sich solche Dinge nicht so schön feiern gar zählen lassen wie Goldmedaillen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.