Es werde Licht in der Laube
Gerade in Großstädten hält der Trend zum Kleingarten an - die neuen Nutzer haben neue Wünsche
Wer glaubt, eine Gartenlaube ist zwangsläufig eng und dunkel, vollgestopft mit Spaten und Sofa, der irrt. Eine Gartenlaube kann hell und lichtdurchflutet sein, mit einem großen Raum und zwei gegenüberliegenden Glas-Schiebetüren. Man geht quasi durch die Laube vorn rein und hinten raus.
Genau solche Lauben bauen Nanni Grau und Frank Schönert. Die Berliner Architekten haben sich mit ihrem Büro »Hütten&Paläste« spezialisiert auf das, was man scherzhaft Gartenlauben für Intellektuelle nennen könnte. Der Begriff gefällt den beiden nicht, aber sie verweisen auf einen Trend. Nanni Grau: »Heutzutage ist der Garten nicht mehr in erster Linie dazu da, Bohnen und Kohlrabi anzubauen und sich selbst zu versorgen.« Eher nutzen ihn junge urbane Familien, um mit den Kindern im Grünen zu sein. Die modernen Nutzer sind um die 40 Jahre alt, gebildet und haben ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein. Die Gartenlaube wird befreit vom Mief: Weg vom Miniatur-Einfamilienhaus hin zu Licht und Luft und Großzügigkeit.
Spielplatz für die Kinder
Die modernen Zusatzhäuser im Garten müssen mehr können als nur den Rasenmäher und ein paar Werkzeuge vor neugierigen Augen verbergen. Heute soll ein Gartenhaus Gästezimmer und Kinderspielplatz, Arbeitsraum und Atelier, Hobbykeller und Grillvilla zugleich sein und - unabhängig von seiner Funktion - in jedem Fall gut aussehen. Und außen schön bunt.
Die Anzahl der Menschen, die Gartenarbeit zur liebsten Freizeitbeschäftigung zählen, steigt permanent. Vier Millionen bundesdeutsche Kleingärtner buddeln, jäten und grillen in gut einer Million Kleingärten. Vor allem in den Laubenhochburgen Berlin, Leipzig, dem Ruhrgebiet und Hessen ist das Hobby beliebt. Die Laubenpieper werden immer jünger, seit Ende der 90er Jahre ist das Durchschnittsalter in den Vereinen um zehn Jahre gesunken. Diesen Trend hat »Hütten&Paläste« aufgegriffen. Drauf gekommen sind die 42-Jährige Nanni Grau und ihr Partner Frank Schönert (43) vor sechs Jahren. Damals entdeckten sie die Laube, nicht zuletzt weil der Berliner seinen Garten liebt. Grau und Schönert entwerfen auch Hausboote und Wochenendhäuser. »Uns interessieren generell alternative urbane Wohnformen.« Ihr Firmenname »Hütten&Paläste« deutet die Bandbreite der Entwürfe an. Von sehr klein bis sehr mondän ist alles dabei.
Über 40 Gartenlauben haben sie inzwischen verkauft, nicht nur in Berlin, sondern bis nach Süddeutschland, Hamburg und Hagen. Selbst in Österreich und Luxemburg stehen Lauben, die in der Hauptstadt entworfen wurden. Drei feste Haustypen in verschiedenen Ausführungen hat das Architekturbüro im Angebot.
Der Bausatz kostet - natürlich - mehr als im Baumarkt, ab 15 000 Euro aufwärts. Dafür erhält man auf maximal zulässigen 24 Quadratmetern etwas Besonderes: qualitativ hochwertige Materialien und Verarbeitung, viel Glas, gedämmte Wände. Der Individualität sind keine Grenzen gesetzt, eine (Kompost)-Toilette ist möglich, Schlafboden unterm Satteldach, Miniküche, Schuppen. Die Fassade ist variabel buchbar von nur lackiert bis hin zu verputzt oder gar mit Schindeln aus Zedernholz versehen.
Alles kann, nichts muss. Die Häuser sind Teil des Gartens. Frank Schönert: »Die meiste Zeit sitzen die Leute eh draußen.« Die Käufer lassen sich das Häuschen komplett montieren oder bauen alles selbst auf, Stichwort Generation Ikea. Von der Bestellung bis zum fertigen Haus vergehen rund acht Wochen. Der Zimmereibetrieb braucht anderthalb Wochen für die Produktion der Einzelteile, aufgebaut ist die Laube in drei bis vier Tagen.
Fenster zum Nachbarn
Oft entwickeln Nanni Grau und Frank Schönert, die ihr Büro mitten im Prenzlauer Berg haben, die Idee gemeinsam mit ihren Kunden. Großes Fenster zur befreundeten Nachbarsfamilie und gemeinsame Terrasse? Kein Problem.
Übrigens liebt das Architektenpaar, das zwei kleine Kinder hat, auch privat den Kleingarten. Nur besitzen sie ihn (noch) nicht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!