In der Verzweiflung der Nachspielzeit
Hertha BSC schafft mit einem 1:0 gegen harmlose Dresdner Anschluss an die Tabellenspitze
Es naht der Oktober und somit die Zeit, in der sich Jos Luhukay an seinen Aussagen messen lassen muss. Der 49-jährige Niederländer hatte Hertha BSC nach dem Abstieg aus der 1. Bundesliga im Sommer als Trainer übernommen - mit der klaren Zielvorgabe sofortiger Wiederaufstieg. Da einige Großverdiener und Leistungsträger den Verein verlassen hatten und sieben Neuzugänge integriert werden mussten, erbat sich Luhukay etwas Zeit: »Ab Oktober wird die Mannschaft meine Philosophie vom Fußball verstanden haben, und dann sind wir nur noch schwer zu bezwingen.«
Den Zahlen nach sind die Berliner mit dem 1:0-Heimsieg am Mittwochabend vor 45 700 Zuschauern im Berliner Olympiastadion gegen Dynamo Dresden der Zeitrechnung ihres Trainers etwas voraus. »Wir haben uns total stabilisiert«, freute sich Luhukay über den vierten Sieg aus den vergangenen fünf Spielen. Hertha BSC hat nach einem schwachen Saisonstart Anschluss an die Tabellenspitze gefunden.
Wenn auch die kommenden Gegner von Hertha BSC so auftreten wie Dynamo, wird Luhukay zweifelsfrei Recht behalten. Trotz der großen und lautstarken Unterstützung von 10 000 mitgereisten Dresdner Anhängern agierten die Sachsen 90 Minuten lang verunsichert, nervös und vollkommen mutlos. Die einzig nennenswerte Torchance entsprang der Verzweiflung der Nachspielzeit. Stürmer Mickaël Poté verlängerte einen weit und hoch geschlagenen Ball auf Lynel Kitambala. Doch auch der eingewechselte Franzose konnte sich im Strafraum nicht durchsetzen. »Unser Torwart musste keinen Ball halten«, kommentierte Herthas Verteidiger die Dresdner Unlust zur Offensive.
Torgefahr erzeugte Dynamo nur vor dem eigenen Gehäuse von Keeper Florian Fromlowitz. Als der Berliner Ronny nach fünf Minuten einen Freistoß in den Dresdner Strafraum zirkelte, war es Dynamo-Verteidiger Romain Brégerie der per Kopf den Treffer des Tages erzielte. Nun gut, ein Eigentor, Hauptsache drei Punkte - so lautete das kurzsichtige Fazit der meisten Berliner.
Doch genau dort fangen Herthas Probleme an. »In der Offensive war es bei so wenig Chancen kein schöner Abend«, klagte Berlins Stürmer Sandro Wagner. Selbst gegen überforderte Dresdner schaffte Hertha es nicht, Druck aufzubauen. Abgesehen vom Remis am vergangenen Spieltag in Kaiserslautern ein Spiegelbild der bisherigen Saison. Dabei hatte Jos Luhukay bei seinem Amtsantritt, mitreißenden und attraktiven Offensivfußball versprochen und dafür vier neue Stürmer verpflichtet. Davon sind die Berliner noch weit entfernt - und der Oktober kommt bestimmt.
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