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Stimmungsvermieser

  • Frank Stur
  • Lesedauer: 2 Min.

Was als feierlicher Akt gedacht war, geriet unfreiwillig zum Trauerspiel über die Unfähigkeit Berliner Bürokratie. Staatssekretär Armin Tschoepe begrüßte den gestern vollzogenen Trägerwechsel der Werkstatt für Behinderte auf der Halbinsel Stralau mit einer erstaunlich offenen Begründung. Die Bürokratie in Senat und Verwaltung sei zu schwerfällig, um das Projekt wirklich effektiv zu betreiben. Eigene Unfähigkeit als willkommener Vorwand, sich aus der sozialen Verantwortung zu stehlen.

Doch die 45 Beschäftigten in der Werkstatt hat's dennoch gefreut. Allen voran Joachim Hanff, Geschäftsführer der Bürgerinitiative für Behinderte Friedrichshain e.V., die nun neuer Träger der seit 1984 bestehenden Werkstatt für geistig Behinderte ist. Drei Jahre haben sich die rund 70 Aktivisten um Joachim Hanff um die Trägerschaft bemüht. Lag doch in dem ehemaligen Lazarettbau in der Tunnelstraße so einiges im argen. Als ersten Schritt zur Verbesserung der Betreuungssituation kündigte Hanff an, in den nächsten Tagen die derzeitige Betreuerzahl von fünf Personen zu verdoppeln. Langfristig gehe es darum, die bauliche Situation des Hauses zu verbessern.

Beschleunigen könnte dies die Übergabe des landeseigenen Grundstücks an die Bürgerinitiative. Ein Vorschlag, den sich der 41jährige Geschäftsführer nicht scheute, beim feierlichen Trägerwechsel dem anwesenden Staatssekretär Tschoepe zu unterbreiten und damit die Feierstimmung etwas zu drücken. Dabei ist den aktiven Bürgern keineswegs daran gele-

gen, die Beziehungen zu Stadt und Bezirk zu trüben. Eher im Gegenteil. Wird doch die Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt und Bürgerinitiative beiderseits als positiv eingeschätzt.

Kein Wunder. Hat doch der Verein seit seiner Gründung Anfang 1990 seine Kompetenz auf dem Gebiet der Behindertenpolitik bewiesen. Die Ursprünge liegen in einer Arbeitsgruppe vom Neuen Forum. Anliegen war die Benennung und Beseitigung von Behinderungen für Behinderte.

Foto: Robert Grahn

Daß auch Geschäftsführer Hanff Erfahrungen in der Behindertenarbeit einzubringen hat, versteht sich wohl von selbst. Nach seinem Ausscheiden aus dem Außenhandel suchte der studierte Psychologe eine Arbeit, die ihn erfüllt. So begann er 1984 eine Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt. Bis jetzt blieb er dieser Beschäftigung treu, woran sich zukünftig wenig ändern wird. Nächste Projekte in Form von betreuten Wohngemeinschaften sind schon fest eingeplant.

FRANK STURM

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