Tod und Hoffnung nebeneinander

Eine Visite des Lehmbau-Projektes in Namibia, die nicht ohne Folgen blieb

  • Juliane Meinhold
  • Lesedauer: 3 Min.
Drei Wochen hat Juliane Meinhold voriges Jahr in Namibia verbracht. Zwei davon begleitete die 26-jährige Studentin - SODI-Vorstandsmitglied und Attac-Aktivistin - das Lehmbauprojekt im Township von Otjiwarongo, wo etwa 900 Menschen ein neues Zuhause finden sollen. Dabei kam sie auf die Idee, um SODI herum eine Gruppe junger Leute zu scharen, die unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit neue Projektideen entwickelt. Hier ihr Bericht:
Das Township von Otjiwarongo, in dem etwa 9000 Menschen leben, unterscheidet sich kaum von anderen Elendssiedlungen in Namibia. Über ein großes Gebiet am Rande der Stadt bis in den Busch hinein ziehen sich die Reihen der Hütten. Viele Menschen sind unterwegs. Ab Mai herrscht hier Trockenzeit, das heißt, die Temperaturen sind tagsüber angenehm, die Sonne scheint und es weht ein wenig Wind. Es sind also ideale Arbeitsbedingungen gegeben, die Lehmsteine für die Häuser können gut trocknen. Ab sechs Uhr, wenn es dunkel wird, kommt die Kälte.
Der Tag beginnt um sieben Uhr. Neben dem Projektbüro starten die Auszubildenden ihre Metallarbeiten. Es müssen die Streben für die Dachkonstruktionen zugeschnitten, gebohrt und gefeilt werden. Da sich wieder Leute gemeldet haben, die sich ein Lehmhaus bauen und dafür ihre Steine selbst herstellen wollen, braucht die Baustelle neue Metallformen für die Steinproduktion. Auf dem gleichen Gelände werden von einigen Leuten auch die Dachziegel hergestellt. Durch eine besondere Mischung aus Sand und Zement sind diese dünn und leicht, aber genauso haltbar wie die gängigen Dachziegel. Sie sind auch um zwei Drittel billiger als die traditionellen.
Als ich die Baustelle zum ersten Mal sehe, bin ich wirklich überrascht. Fast 100 Menschen sind hier an der Arbeit. An einer Stelle heben ein paar Männer das Fundament für ein Haus aus. Daneben ist eine Frauengruppe beschäftigt, ein Fundament mit Lehm festzustampfen, damit darin gemauert werden kann. Währenddessen donnert ein Lkw heran, der den nächsten Lehm bringt. Daneben stellen mehrere Gruppen die Lehmziegel her. Entweder, es sind vom Projekt angestellte Leute, die die Steine für diejenigen zukünftigen Lehmhausbesitzer herstellen, die die Steine nicht selbst fertigen können oder wollen. Oder es sind künftige Hauseigner selbst, die die Steine produzieren, um sie nicht bezahlen zu müssen.
An vielen Stellen wird eine Mauer nach der anderen hochgezogen. An einem der Häuser wird bereits die Metalldachkonstruktion montiert. Man spürt die enorme Motivation der Menschen. Das Projekt ist in der Stadt bekannt und täglich kommen neue Interessenten, die sich über den Erwerb und Bau eines Lehmhauses informieren wollen. Und das ist auch nicht sehr verwunderlich, wenn man durch die Straßen des Townships fährt. Viele Familien leben mit zehn oder mehr Mitgliedern unter einem Dach - eine Blechhütte am Rand der Stadt. Darin ist es im Sommer unerträglich heiß und im Winter friert man. Das Lehmhaus ist mit der finanziellen Unterstützung durch das SODI-Projekt eine wirkliche Alternative, auch gegenüber den teureren Hausbauprogrammen der Stadt. So sind es auch die Ärmsten der Armen, denen das Lehmhausprojekt vorbehalten bleibt.
Die Eindrücke aus Otjiwarongo sind für mich sehr bewegend. In der ersten Woche meines Aufenthaltes in Namibia habe ich nämlich andere Realitäten des Landes erfahren müssen. Mit namibischen Freunden war ich viel in Katutura, Windhoeks Township, unterwegs. Auch wenn nach außen hin viel Leben das Bild beherrscht, habe ich in nicht wenige Häuser und Hütten geschaut, in denen HIV und Aids das Leben bestimmen. Es liegen Lethargie und Stumpfheit in der Luft.
Auch im Township von Otjiwarongo ist Aids nicht unbekannt. Der Friedhof mit den vielen frischen Gräbern liegt nicht weit von der Projektbaustelle. Ein krasser Gegensatz: Tod und Hoffnung nebeneinander. Auf der Baustelle herrscht so viel Leben und Motivation, dass man den Friedhof fast vergisst.

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