Natur-Aktien auf Allzeithoch
Anteile mit grünem Touch verkaufen sich besser Wiener Erfinder kämpft um Markenrechte
Dabei streitet sich die Öko-Kapital-Szene seit Monaten, weil der Erfinder des Aktienindex - der Wiener Max Deml - vom jetzigen NAI-Besitzer, der Versicherungsgesellschaft Securvita, herausgedrängt worden war. Securvita vertreibt einen Aktienfonds, der den NAI abbildet. Deml hatte 1997 im Auftrag der Zeitschrift »Natur&Kosmos« den NAI ins Leben gerufen. Heute fühlt er sich von cleveren Geschäftemachern um seine Markenrechte geprellt und hofft auf eine juristische Klärung in diesem Jahr. Securvita hält dagegen die Rechtslage bereits vom Hamburger Landgericht für hinreichend geklärt und verweist auf den Anlageausschuss des NAI, der nicht länger mit Deml zusammenarbeiten wollte.
Die 25 Werte im NAI sind nach Branchen und Ländern zwischen den USA und Deutschland gestreut und werden vom formal unabhängigen NAI-Ausschuss überprüft. Im Ausschuss sitzen durchaus namhafte Experten vom Wuppertal-Institut und Südwind, von Germanwatch, dem Katalyse-Institut sowie von Natur Media, die ihrerseits auf das Unternehmens-Research des kleinen Instituts Markt-Umwelt-Gesellschaft (imug) in Hannover zurückgreifen.
Mit den weltweiten Börsenturbulenzen seit dem März 2000 rauschten auch die Öko-Aktien in den Keller. Der Natur-Index war während des Niedergangs »jedoch erfolgreicher als viele konventionelle Aktienbarometer«, heißt es bei Securvita mit Sinn für bizarre Einschätzungen. Nun habe der NAI als erster unter den »renommierten internationalen Indizes« alle Verluste wettgemacht und die früheren Höchstmarken überschritten. »Die erfolgreiche Entwicklung des NAI ist ein Beweis dafür, wie attraktiv grüne Geldanlagen auch an der Börse sind«, jubelt Norbert Schnorbach, Sprecher von Securvita. Zudem zeige der NAI, dass eine konsequente Auswahl mit »sehr strengen ökologischen und sozialen Maßstäben« besonders lohnend sei. Andere unpräzisere Nachhaltigkeits-Indizes wie etwa der Dow Jones Sustainability Index hätten bei weitem nicht so erfolgreich abgeschnitten, freut sich der Firmensprecher. Für den Erfolg machen NAI-Freunde den stärkeren wirtschaftlichen Erfolg nachhaltig ausgerichteter Firmen verantwortlich, der mittelfristig höhere Profite und darum höhere Aktienkurse sichere als bei üblichen Shareholder-Value-Konzernen.
Zwar gibt es Gründe für diese Behauptung, aber Börsenkurse folgen letztlich nur bedingt der realwirtschaftlichen Entwicklung. So werden die Kurse wohl vor allem von einer relativ großen Nachfrage nach diesen Nischen-Aktien gepusht. Rund 60 Prozent der Anleger ziehen mittlerweile nachhaltige Investments anderen Anlageformen vor, ergab eine Befragung der Finanzgruppe Delta Lloyd, und die Marktforscher von Deloitte Touche wollen sogar bei professionellen Fondsmanagern ein wachsenden Interesse an Öko und Sozialem erkannt haben. Kritiker entdecken aber hinter vielen Öko-Werten recht herkömmliche Produktgruppen, wie die Entsorgung von Müll, den Vertrieb von Kosmetika oder den Ausschank von Kaffee.
Der geschasste NAI-Erfinder Deml hofft wahrscheinlich vergebens auf ein Comeback. Inzwischen vertreibt sich der Herausgeber des Fachinformationsdienstes »Öko Invest« die Zeit mit dem Basteln eines neuen Index.
Der Natur-Aktien-Index steht ebenso im Internet (www.nai-index.de) wie Öko-Invest (www.oeko-invest.de).
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