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Eine türkische „Fremdenlegion“?

  • Lesedauer: 2 Min.

„Ein für allemal losen“ wollte die türkische Ministerpräsidentin Tansu Ciller das Problem des kurdischen Separatismus, als sie Ende 1993 die Aufstellung von „Sondereinheiten“ gegen die PKK bekanntgab. In einer großangelegten Militäraktion zogen diese jüngst zum Newroz, dem Neujahrsfest, bei Cizre, Sirnak und Hakkari eine blutige Spur

Seit Jahresbeginn sind die Eliteeinheiten als Kern der 150 000 im Südosten stationierten Soldaten im Einsatz. Sie umfassen etwa 10 000 überwiegend Freiwillige. Während sich immer mehr junge Türken der Armee verweigern, sollen sich auffällig viele Tscherkessen in diesen Einheiten befinden, behaupten eingeweihte Kreise. Die Hochburgen der tscherkessischen Minderheit in Zentral- und Nordostanatolien lägen innerhalb eines von der PKK geförderten „Groß-Kurdistan“ So ist es wohl nicht gekränkte Eitelkeit allein, die die mit fünf bis sieben Prozent drittgrößte Eth-

nie der Türkei an die Seite des „Staatsvolkes“ führt.

Im Osmanischen Reich hatten die muslimischen Tscherkessen einige Privilegien, nach der Republiksgründung durch Kemal Atatürk wurden sie zur nichtanerkannten Minderheit. Dennoch blieben sie - anders als die Kurden - loyal und stellen heute den Stabschef der Armee, Dogan Güres.

Daß sie sich jetzt in Anti-PKK-„Sondereinheiten“ mißbrauchen lassen, empfinden linke wie nationalistische Tscherkessen im Inund Ausland als Schande. Für Mitglieder ihres Vereins in Berlin ist das Verhalten eine traurige Fortsetzung der osmanischen Tradition. Damals waren ihre Vorfahren als regierungstreue Wehrbauern in den Aufstandsgebieten anderer Minderheiten angesiedelt worden. Zum Teil massakrierten sie dort Rebellen und wurden deshalb 1876 vom Balkan verwiesen.

BRENT HENTSCHEL

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