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Schierkes Olympia-Bewerbung ist keine „Schnaps-Idee“

Ostharzgemeinde will Winterspiele im Jahr 2006 ausrichten

  • Reim Ar Pau
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch der höchste Harzgipfel, der Brocken, zählt zum Gemeindegebiet. „Schnee haben wir im Winter satt,“ so Kurdirektor Rüdiger Ganske, der gleichzeitig dem sachsen-anhaltinischen Skiverband als Präsident vorsteht. Und Schnee sei nun einmal die wichtigste Voraussetzung für das geplante Sportspektakel. Die nordischen Disziplinen inclusive Biathlon könnten „ohne Probleme“ in Schierke ausgerichtet werden. Ebenso Eiskunstlauf und Eishockey

„Wir haben,“ sagt Ganske, „hier ja ein Eisstadion.“ Das Stadion existiert allerdings nur noch in den Erinnerungen der älteren Einwohner. Ein vertrockneter Sandplatz, ein paar grasüberwucherte Felsen als Sitzbänke - mehr ist von der Anlage nicht erhalten. Skispringen von der Großschanze, Bob und Rodeln, Eisschnellauf

- diese Sportarten will Rüdiger Ganske „auslagern“ Die ehemaligen Leistungszentren der DDR wie Erfurt, Oberhof und Oberwiesenthal kämen da in Frage. Und für die alpinen Disziplinen will man sich eine Partner-Gemeinde in den Alpen suchen: „Einen Ort, der zu uns paßt, dem diese Idee auch gefällt.“

Eine olympia-taugliche Infrastruktur ist für Bürgermeister Thiele „nicht das Problem.“ Alles nötige sei in den vergangenen vier Jahren verlegt worden. So verfüge Schierke über das modernste Telefonnetz in Sachsen-Anhalt, „alles digital.“ Auch neue Wasser-, Abwasser- und Erdgasleitungen sowie Stromkabel befänden sich schon in der Erde. Einen Strich durch die Rechnung könnten den Schierker Olympia-Strategen noch die Umweltschützer machen.

Just die Brocken-Hänge mit den attraktivsten Loipen sind seit Jahresanfang Bestandteil des Naturparks Harz, dem Ausbau der Wintersportmöglichkeiten in der Region damit Grenzen gezogen. Für Lothar Thiele ist der Konflikt zwischen Ökologie und Massensport allerdings ein künstlicher. „Es ist klar, daß wir hier Kompromisse machen müssen. Es geht nicht nur das eine, und es geht nicht nur das andere.“ Sanfte Spiele wie in Lillehammer würden die Umwelt kaum beeinträchtigen, „sondern dem naturorientierten Fremdenverkehr, von dem wir alle hier leben, einen neuen Aufschwung bringen.“

In der Kommune schreiten die Olympia-Planungen jedenfalls scheinbar unaufhaltsam voran. Der Gemeinderat zieht mit. Und auch die Einwohner Schierkes seien für Olympia

Feuer und Flamme, weiß der Bürgermeister Und wirklich prangen in vielen Schaufenstern des Ortes bereits die ovalen Aufkleber mit der Aufschrift „Winterolympiade 2006 in Schierke.“ Volkes Stimme allein, das wissen auch die Schierker, macht allerdings noch keinen Olympia-Winter Kurdirektor Ganske putzt denn auch schon eifrig Klinken bei den Sportverbänden. „Die bisherigen Meinungen reichen von Staunen bis Belächeln, sind aber immer mit Schulterklopfen verbunden.“

Wann Schierke die offizielle Bewerbung beim NOK einreichen wird, steht noch nicht fest. Zeit dafür wäre bis 1999 Bis dahin, so wird spekuliert, hat das NOK .seine nach dem Debakel der Berliner Olympia-Bewerbung ergangene Anweisung zur Zurückhaltung vielleicht schon wieder vergessen. Und selbst wenn der Schierker Antrag abgelehnt wird, könnte die Harz-Gemeinde einen schönen Propaganda-Erfolg verbuchen. Zumindest in der Region wäre Schierke dann in aller Munde.

REIM AR PAUL

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