- Wirtschaft und Umwelt
- Das Thema Konkurs für Zwickauer Bekleidungswerk
Geht auch noch das Licht aus?
Bei der Westsächsischen Bekleidungswerk GmbH Zwikkau ging am Dienstag nichts mehr, die Verbindung zur Außenwelt war abgeschnitten. Geschäftsführer Werner Hinterkopf hatte angekündigt, Konkursantrag zu stellen. Das scheint der Grund dafür, daß der Firma der Strom und offensichtlich auch der Telefonanschluß gesperrt wurde. So war es jedenfalls aus der Chemnitzer Zentrale der Gewerkschaft Textil-Bekleidung zu erfahren.
Das Bekleidungswerk mit seinen 270 Beschäftigten ist der größte Arbeitgeber in der Textilbranche in Zwikkau. Werner Hinterkopf kam vor über zwei Jahren aus den alten Bundesländern nach Sachsen und übernahm das Zwickauer Werk sowie die ehemalige Plauener Damenkonfektion. Auf Modemessen präsentierte er deren Kollektionen. Um, wie er sagte, das Überleben der Betriebe zu sichern, führte er die Lohnkonfektion in die Betriebe ein. Noch auf der Leipziger Modemesse im August dieses Jahres gab er voll Selbstbewußtsein den ostdeutschen Textilbetrieben gute Ratschläge für ihre Betriebswirtschaft.
In Plauen haben die Vorhaben offensichtlich gefruchtet. Nach der Fixierung des Vertrages mit der Treuhandanstalt wird bei vollen Auftragsbüchern im kommenden Jahr ein Vier-Millionen-DM-Umsatz erwartet, und auch die versprochenen Investitionen von 1,2 Millionen DM sollen getätigt werden. Der Zwickauer Betrieb
jedoch steht vor dem Aus. Die Belegschaft hat seit September keinen Lohn mehr erhalten. Seit dem 1. Dezember streikt sie und hält das Werk besetzt. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Textil-Bekleidung kämpft sie um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Laut der Vorsitzenden des Betriebsrates, Simone Schraps, sind auch hier die Auftragsbücher voll. Wegen der vielen Arbeit gab es im vergangenen Sommer sogar eine Urlaubssperre. Wenn trotzdem Konkurs angemeldet wurde, so führt der Betriebsrat das auf Mißmanagement zurück.
Die ostdeutsche Textilund Bekleidungsindustrie befand sich in diesem Jahr in einer gewissen Konsolidierungsphase. Der kahlschlagartige Arbeitsplatzabbau auf nur noch 28 000 Beschäftigte - weniger als ein Zehntel gegenüber Vorwendezeiten - war zumindest gestoppt worden. Qualität und Chic der Kollektionen gewinnen zunehmend Anerkennung auf dem Markt. Doch große Sorgen bereitet vor allem den noch nicht privatisierten Betrieben trotz gefüllter Auftragsbücher die mangelnde Liquidität. Arbeit ist da, aber kein Geld. So sind auch bei dem Zwickauer Betrieb die zugesagten Finanzen aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium ausgeblieben.
Nach Informationen des Verbandes der Nord-Ostdeutschen Textilindustrie ist dies kein Einzelfall. Eingeplante und nicht gezahlte Unterstützung durch Treuhand oder Land läßt Banken die Kredite stoppen. Die Betriebe verfügen nicht über Immobilien zur Beleihung. Also fehlen liquide Mittel, die Löhne können nicht gezahlt werden. Ist das auch der Hintergrund für die Misere in Zwickau?
ROSIBLASCHKE
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