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Brie unterlag gegen Harnack

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Dietmar Bartsch wurde mit großer Mehrheit als Schatzmeister wiedergewählt. Bei der Wahl des männlichen Bisky-Stellvertreters mußte sich Amtsinhaber Wolfgang Gehrkke mit einem Außenseiter als Kontrahent auseinanderzusetzen. Aber weder er noch sein überraschender Herausforderer Reinhard Lauter aus Leip-

zig übersprangen die 50-Prozent-Hürde.

Ein zweiter Wahlgang wurde notwendig, für den sich zusätzlich noch der frühere Bundestagsabgeordnete Ilja Seifert meldete. Wenn man unter '50 Prozent bleibe, meinte er mit Blick auf seine beiden Gegenkandidaten, sei das nicht gerade ein Vertrauensbeweis. Er wolle sich für Minderheiten einsetzen, denen sich die PDS schon einmal stärker gewidmet habe, und wünsche sich zwar keine führende, wohl aber eine starke Kommunistische Plattform. Doch auch im zweiten Wahlgang gab es keine Entscheidung - wieder kam keiner über 50 Prozent, sodaß Gehrcke und Seifert, die beiden Besten, in die Stichwahl gehen mußten.

Bei der Wahl des Bundesgeschäftsführers war Andre Bries Kandidatur gegen den bisherigen, unauffällig arbeitenden Geschäftsführer Martin Harnack ein großes Wagnis.

Schließlich hat Brie eine IM-Vergangenheit. Zudem empfanden ihn einige Delegierte aus persönlichen Gründen als ungeeignet. Sympathien kostete ihn dem Vernehmen nach seine Reaktion auf die Frage, ob er für den Vorstand kandidieren wolle, falls er nicht Bundesgeschäftsführer werde. Brie hatte das da mit der Bemerkung verneint, er sähe dann, daß die Zeit über ihn hinweggeschritten sei.

Martin Harnack wurde von Delegierten zuverlässige Arbeit und persönliche Integrität bescheinigt. Er selbst sah gegenüber ND in dem Wirken vor Ort einen wichtigen Grund dafür, daß er wiedergewählt wurde. Die Niederlage Bries sorgte bei führenden PDS-Leuten, deren Wunschkandidat Brie offenbar war, für Bestürzung. Von Krisensitzungen hinter den Kulissen war zu hören, und schließlich trat Roland Claus aus Sachsen-Anhalt ans Mikrofon, um doch Brie als Kandidaten für den Bundesvorstand vorzuschlagen. „Wir könne ihm nicht einfach Tschüß sagen.“ Brie stimmte wortkarg zu.

Bei den Frauen fiel die umstrittene Wunschkandidatin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, durch. Allerdings fehlte ihr nicht viel zu einem erneuten Vorstandssitz - sie landete bei

der Abstimmung über die Frauenliste mit 129 von 391 gültigen Stimmen auf Platz acht. 30 Stimmen fehlten ihr zu Rang sieben, der sie noch in den Vorstand gebracht hätte. „Ich bin nicht enttäuscht“, sagte sie danach, „mehr konnte man wohl nach der Kampagne in den letzten Wochen nicht erwarten.“ Auf eine weitere Kandidatur verzichtete sie.

Das Ergebnis der Frauenliste brachte einige Überraschungen. Die meisten Stimmen erhielt Sabine Ändert, Musikerin aus Berlin und Ehefrau des Liedermachers Reinhold Ändert. Gewählt wurde mit gutem Ergebnis auch die Thüringer PDS-Landesvorsitzende Gabriele Zimmer. Damit ist zumindest ein Wunsch Biskys in Erfüllung gegangen, Landeskompetenz in den Vorstand zu bekommen. Den Sprung in den Bundesvorstand schafften auch die Berlinerin Judith Dellheim, die sich vor allem in der Gewerkschaftsarbeit engagiert, Uta Schulze-Lessel, die erst vor recht kurzer Zeit zur PDS gestoßen war und vorher bei der FDP und bei Bündnis 90/Grüne gearbeitet hatte, die bislang für die Westarbeit zuständige Claudia Gohde, Haiina Wawczyniak, die von der AG Junge Genossinnen ins Rennen geschickt wurde, sowie Maritta Lemke aus Brandenburg.

Was auffällt: Keine Frau aus dem mitgliederstarken sächsischen Landesverband sitzt im obersten Gremium, und auch die westdeutschen PDSler, bislang zu-sechst im Bundesvorstand, werden wohl künftig schwächer repräsentiert sein. Daran wird die Männerliste kaum etwas ändern können, deren Wahl bei Redaktionsschluß noch immer anhielt. Die bisherige Vorstandsfrau Eva Mendl, Stadträtin in Berlin-Mitte, bekam die wenigsten Stimmen.

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