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Bittere Bilanz mit Streit und Stürzen

Die Eiskunstlauf-WM war keine Sternstunde für die deutschen Starter

  • Lesedauer: 3 Min.

Das Eistanzen - hier die Kanadier Shae Lynn Bourne und Victor Kraatz - war wie immer eine Augenweide Telefoto: dpa

Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) erlebte bei den Weltmeisterschaften in Birmingham ein großes Fiasko. DEU-Sportdirektor Peter Krick zog eine bittere Bilanz: „Ich hoffe, daß wir im nächsten Jahr wieder auf der Sonnenseite stehen.“ Als die Lichter im National Exhibition Center ausgingen, standen seine Asse erst einmal gelackmeiert und mit leeren Händen da. Im Paarlauf waren die Europameister Mandy Wötzel/Ingo Steuer ausgezogen, um Gold zu holen, und nur als Fünfte vom Eis gegangen. Bei den Herren und im Eistanz konnten nicht einmal minimale Erwartungen erfüllt werden. Und als zum WM-Abschluß die Damen noch ein un-

erwartetes Desaster erlebten, war die Blamage perfekt.

Die Hiobsbotschaft vom Kür-Verzicht Tanja Szewczenkos stand am Anfang vom Ende mit Schrecken. „Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen“, erklärte die 17jährige Düsseldorferin, die gehandikapt durch eine Kapselreizung am linken Fuß im Kurzprogramm nur Platz elf, erreichte. Einen Trainings-Test kurz vor der Kür mußte sie schmerzverzerrt abbrechen. „Ich wollte laufen, damit die Leute nicht denken, ich trete nach dem elften Rang nicht an und kneife, aber die Gefahr war zu groß“, sagte die WM-Dritte von 1994, die na'ch ihrem rasanten Aufstieg in die Weltspitze nun einen Rück-

schlag hinnehmen mußte.,„Die ganze Saison war ein Schock für mich“, resümierte Tanja Szewczenko.

Kein Mitleid hatte Marina Kielmann mit der Konkurrentin. Nach ihrer durch drei Stürze zum Torso gewordenen Kür und dem Fall auf den 13. Platz rechnete sie wie von der Tarantel gestochen mit der Rivalin ab': „In der ganzen Woche wurde so ein Zirkus um sie gemacht, und dann sagt sie: 'Ätsch, ich starte nicht'“ Alles drehe sich um die Szewczenko, und „im Videotext ist nicht mal Platz für meinen Vornamen“ Daß die DEU voll auf die Jüngere setzt, findet sie nicht fair. „Wenn man mir sagt, daß ich mit 27 Jahren zu alt bin, um

Deutsche Meisterin zu werden, ist das hart“, schimpfte sie.

Die eigene Leistung wollte Marina Kielmann aber nicht beschönigen. „Nach dem Sturz beim Lutz wollte ich das Eis verlassen“, bekannte sie. „Nur bei meinem ersten internationalen Wettkampf ist mir so etwas passiert.“ Für das kommende Jahr hat der 13. Rang verheerende Folgen, da nur noch ein WM-Startplatz für die DEU zur Verfügung steht.

Während die Deutschen in den Kulissen ihre Kabalen austrugen, wurde Chen Lu (18) nach ihrer „Der letzte Kaiser“-Darbietung wie eine Königin gefeiert. Die Olympia-Zweite aus Jilin gewann den ersten WM-Titel für China im Eiskunstlaufen. Routine ist der zweite Platz für Surya Bonaly (Frankreich), die zum dritten Mal nacheinander Silber holte. Die fünfmalige Europameisterin hofft, doch noch die Nummer eins in der Welt zu werden. Dieses Ziel hat auch das neue US-Glamourgirl Nicole Bobek ,(1,7), die Dritte wurde. Die Russen Oksana Gritschuk/ Jewgeni Platow (Eistanz) und Elvis Stojko (Kanada) verteidigten ihre Titel.

Am Ende des Weges scheinen die deutschen Eistanz-Meister Jennifer Goolsbee/ Hendryk Schamberger

(Oberstdorf/Essen) angelangt zu sein, die Elfte wurden. Damit kann die DEU bei der WM 1996 in Edmonton in Kanada in drei Disziplinen nur jeweils einen Platz besetzen. Denn bei den Herren kam Ronny Winkler (Chemnitz) lediglich auf den trostlosen 18. Platz.

ANDREAS SCHIRMER, dpa

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