Mit Straußenfarmen und Obstplantagen, Handelsfirmen und Bauunternehmen finanziert der mutmaßliche saudische Top-Terrorist Osama bin Laden sein Netzwerk. Das kam bereits im Februar in den USA ans Licht, als ein ehemaliger Weggefährte im Prozess um die zwei Anschläge auf USA-Botschaften in Afrika 1998 auspackte.
Jamal al-Fadls Hinweise waren hilfreich, doch die verschlungenen Wege von bin Ladens Firmenimperium und die Finanzströme zwischen Sympathisantengruppen aufzudecken, stellt sich als äußerst schwierig heraus. Den Terroristen den Geldhahn abzudrehen, ist eine der Prioritäten der Fahnder. Doch bin Ladens Männer sind gewieft. Ermittler trauen ihnen zu, vor den Anschlägen in New York und Washington mit Spekulationen auf den Kurssturz der Aktien von Fluggesellschaften und Versicherungen Millionengewinne eingestrichen zu haben. Die Untersuchung der Börsenaufsichten läuft.
Das Archivbüro des US-Kongresses schätzt den Reichtum von bin Laden, Spross einer wohlhabenden Familie, die ihr Geld im Baugeschäft machte, auf 300 Millionen Dollar. Vielleicht sind darunter auch ein paar CIA-Millionen. Der US-Geheimdienst finanzierte in den 80er Jahren den afghanischen Widerstand, dem sich bin Laden angeschlossen hatte, im Kampf gegen die Russen. Bin Ladens Gruppe könne davon durchaus profitiert haben, räumte der damals zuständige CIA-Agent Milton Beardon inzwischen ein.
Wegen seiner scharfen Kritik an der Landung von US-Truppen in Saudi-Arabien während des Golfkriegs wies König Fahd 1991 bin Laden aus. Er ging in den Sudan und legte dort während seines fünf Jahre langen Aufenthaltes die finanzielle Basis für sein weltweites Terrornetz. Bin Laden gründete nach Angaben von al-Fadl unter anderem die Baufirma Hijra Construction sowie den Taba Investmentfonds. Eine Bankbeteiligung und Obstplantagen gehörten ebenso zur bin-Laden-Gruppe wie Straußenfarmen in Kenia. Für die sudanesische Regierung baute er die Straße von Khartum zum Hafen Port Sudan. Handelshäuser bin Ladens sollen Nüsse, Zitronen und Kamele exportiert und Waffen aus den USA importiert haben. Die Erlöse werden über Tarnfirmen rund um den Globus geschickt und in Offshore-Zentren ohne Bankenaufsicht gewaschen. Konten wurden in zahlreichen Ländern entdeckt, darunter auch in Großbritannien.
Militärische Beobachter meinen, dass bin Laden in dieser Zeit zahlreiche seiner Mujaheddin nicht nur für Geschäfte aus Afghanistan in den Sudan nachkommen ließ. So berichtete das britische Magazin »Jane's Defense Weekly« 1998, dass im Sudan »zwischen 10 und 30 paramilitärische Lager« der bin-Laden-Terrorgruppe »Al Qaida« (die Basis) existierten. 1996 ging Bin Laden zurück nach Afghanistan. In Ostafrika blieb eine Reihe von Tarnfirmen und Terrorverbindungen zurück. So sollen seine Mitarbeiter in Kenia nicht nur Straußenzucht, sondern auch Fischhandel in Mombasa betrieben haben. Über Mombasa wiederum liefen auch Vorbereitungen für die Anschläge auf die USA-Botschaften in Nairobi und Daressalam. FBI-Ermittlungen ergaben, dass die Bombe in Nairobi aus Somalia über die Inseln Lamu und Witu nach Kenia gelangt war. Drei Mittäter hatten sich offenbar als Fischer ausgegeben.
Die Kriegskasse des Fanatikers wird aber auch durch Spenden in aller Welt gefüllt. Die Geldflüsse zu verfolgen, ist besonders schwierig, da Wohltätigkeitsorganisationen weder Herkunft noch Ziel ihrer Spenden angeben müssen. Aus Saudi-Arabien, den Emiraten und den USA sollen dabei jedes Jahr Millionen von Dollar zusammenkommen. In der Nähe von Washington wurde vergangene Woche ein Imam (Geistlicher) verhört. Er war 1999 von seiner Gemeinde in Texas entlassen worden, weil Gemeindegeld an Organisationen weitergeleitet worden war, die der Gemeinderat nicht billigte. Ein Mitglied der Gemeinde wurde später wegen der Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania verurteilt.
Die US-amerikanischen Fahnder interessiert besonders, wie die einzelnen Zellen von bin Ladens Qaida-Netzwerk an Geld kommen. Viele scheinen sich durch illegale Aktivitäten selbst zu finanzieren. Nach der Festnahme eines Algeriers, der im Dezember 1999 mit einem Auto voll Sprengstoff an der US-kanadischen Grenze verhaftet wurde, legte die kanadische Polizei einer Hehlerbande in Montreal das Handwerk. Die Gruppe stahl Computer, Mobiltelefone, Pässe und Kreditkarten und überwies die Erlöse aus dem Verkauf an radikal-islamistische Gruppen im Nahen Osten. Wie viel Geld diesen Gruppen auf welchen Wegen als Direktfinanzierung von bin Laden zufloss, ist praktisch nicht auszumachen. In den USA werden zwar die Kreditkartentransaktionen der 19 Entführer unter die Lupe genommen, doch allzu viel Aufschluss erwarten die Fahnder nicht. Nach Angaben von al-Fadl wird zudem viel Geld bar in Koffern transportiert. (dpa)