Mit Karl May zum Erfolg
Brandenburger PDS analysierte die Landtagswahl - Hoffnung auf nächstes Mal / Personal-Gerüchteküche kochte
Nach Angaben aus PDS-Kreisen steht bereits fest, dass Christoffers bei der Neuwahl des kompletten Landesvorstandes im Februar 2005 seinen Hut nimmt. Einem Bericht der »Märkischen Oderzeitung« zufolge geben dafür Knieprobleme den Ausschlag. Der Parteichef bestätigte solche Spekulationen nicht.
In der Gerüchteküche wurde trotzdem weiter fleißig gekocht. So hieß es zum Beispiel, Christoffers verzichte, weil er voraussehe, dass es im Februar keine Mehrheit für ihn gebe oder umgekehrt, Christoffers wolle gar nicht verzichten, sondern sich nur bitten lassen, es erneut zu machen. Zum Teil vermutete man sogar, darum habe der Landesvorsitzende die Zeitungsinformation persönlich lanciert. Doch der Journalist der »Märkischen Oderzeitung« gestand, seine Quelle sei eine andere.
Christoffers: »PDS kann stärkste Partei werden«
Eigentlich ging es bei dem Parteitag am Sonnabend aber um etwas ganz anderes. Die rund 150 Delegierten entschieden einstimmig für einen Leitantrag, der Schlüsse aus der Fortsetzung der SPD-CDU-Koalition und aus dem Wiedereinzug der rechtsextremen DVU in den Landtag zieht. Die Partei will sich Rechtsextremisten entgegenstellen und beschloss deshalb auch einen Antrag »Kein Neonaziaufmarsch in Halbe am 13. November 2004«.
»Die PDS kann stärkste Partei werden«, betonte Christoffers mit Blick auf die nächste Landtagswahl in fünf Jahren. Zu den letztendlich geplatzten Sondierungen über ein Regierungsbündnis mit der SPD erklärte der Landesvorsitzende: Er genieße sicherlich nicht den Ruf, nicht in die Regierung gewollt zu haben. Es sei jedoch eine Legende, dass es innerhalb der Verhandlungsgruppe der Sozialisten unterschiedliche Auffassungen über den Abbruch der Gespräche gab.
Die SPD habe von der PDS unter anderem verlangt, dass diese die Agenda 2010 der Bundesregierung als alternativlos akzeptiere, erinnerte PDS-Fraktionsgeschäftsführer Vietze, der bei den Sondierungen dabei war. »Es ist eigentlich ganz gut, dass wir in der Opposition sind«, meinte der Politiker. Er lobte den kreativen Landtagswahlkampf, nach dem die PDS am 19. September 28 Prozent der Stimmen erhielt. Mancher habe sich an ungewöhnliche Aktionen erst gewöhnen müssen. Zum Fernsehspot »Wir sind die Roten« mit Indianer-Darstellern schrieb ein Genosse an den Wahlkampfchef, dieser solle dafür sorgen, dass die Partei mehr Karl Marx mache und weniger Karl May.
Bei der Wahl im September errang die PDS 23 von 44 Direktmandaten (1999: 5). Von den zehn Kandidaten mit den meisten Erststimmen sind acht von der PDS aufgestellt worden. In diese Phalanx brachen nur Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der damalige Sozialminister Günter Baaske (SPD) ein. Aus dem Abschneiden am 19. September schlussfolgerte Vietze für die Bundestagswahl 2006: Nach dem Wegzug vieler Brandenburger und dem Zuzug von Westlern in einige Regionen sei für die PDS eventuell nicht mehr der Wahlkreis Potsdam der aussichtsreichste. Stattdessen dürfe man sich wohl eher in Barnim und Märkisch-Oderland Hoffnungen machen.
Streit in der Sache, aber bitte nicht um Personen
Man sei wieder auf die Siegerspur gekommen, »weil wir uns der alten Tugend besonnen haben, Partei für den Alltag und Partei im Alltag zu sein«, meinte der PDS-Bundesvorsitzende Lothar Bisky, der seit kurzem Vizepräsident im Potsdamer Landtag ist. Man habe zwar die alte linke Streitlust nicht überwunden, die Auseinandersetzung aber um die Sache und nicht um Personen geführt. Dies solle so bleiben, wünschte sich Bisky. Als Ursache für den Zugewinn von fünf Prozent nannte PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann: Wir sind mit einem klaren inhaltlichen Profil angetreten - kein Wolkenkuckucksheim, kein Warenhauskatalog nach dem Motto "Wünsch dir was".« Enkelmann kündigte an: »Die Regierung inhaltlich vor uns herzutreiben, verstehen wir als echte Herausforderung.«
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