Grundstück im Sanierungsgebiet?
Unser Grundstück mit Wohnhaus liegt in einem Sanierungsgebiet. Die Gemeindeverwaltung hat die Grundstückeigentümer nicht über die Nachteile und Konsequenzen informiert. Welche könnten uns entstehen? Wie soll man sich gegenüber Gemeindeverwaltung und Sanierungsträger verhalten? Manfred L, 08149 Vielau
Die Möglichkeit, städtebauliche Sanierungsgebiete festzulegen, ist im 2. Kapitel des Baugesetzbuches (BauGB) geregelt. Dahinter steht das Ziel des Gesetzgebers, den Gemeinden und Städten ein Instrumentarium in die Hand zu geben, um historisch gewachsene Ortskeme und Altstadtbereiche zu erhalten bzw. zu erneuern und zu neuem urbanen Leben zu erwecken. Durch eine Ortssatzung, die der Öffentlichkeit bekanntzugeben ist, legt die Kommune einen bestimmten Ortsbereich als förmliches Sanierungsgebiet fest. Die Schritte bis zur Verabschiedung dieser Satzung sind vielfältig und können hier nicht im einzelnen aufgezeigt werden.
Besondere Beachtung sollte jedoch die im Vorfeld erforderliche Beteiligung aller betroffenen Eigentümer, Mieter,
Pächter etc. finden. Gemäß § 137 BauGB sind alle Beteiligten möglichst frühzeitig in die Vorbereitung mit einzubeziehen. Dazu gehört u.a. auch die Beratung der Sanierungsziele, die Erörterung von Auswirkungen und die umfassende Information über Zeitablauf und Umfang der Sanierung. Alle Betroffenen sollten sich an diesen Vorbereitungen möglichst intensiv beteiligen und ihre Einwendungen und Gegenvorstellungen vorbringen.
Die Durchsetzung der Sanierung erfolgt durch Ordnungsmaßnahmen (z.B. Neuerrichtung von Plätzen, Wegen und Stra-ßen) und Baumaßnahmen (z.B. Modernisierung, Instandsetzung oder Neuerrichtung von Gebäuden), wobei die
Durchführung der Baumaßnahmen und damit die Kosten dem Eigentümer des jeweiligen Grundstückes obliegen. Die Kosten der Ordnungsmaßnahmen sind von der Kommune zu tragen (§§ 144ff. BauGB).
Zu den wichtigsten Folgen der Sanierung gehört die Verpflichtung des Grundstückseigentümers, an die Kommune einen Ausgleichsbetrag zu zahlen (§ 154 BauGB). Dadurch sollen die Wertsteigerungen ausgeglichen werden, die das Grundstück durch die Sanierung des Gebietes erfährt. Daneben entsteht durch die Sanierungssatzung ein besonderes Vorkaufsrecht der Kommune an einem Grundstück (§ 24 BauGB), d.h. bei Verkauf kann die Kommune in den Vertrag eintreten und das Grundstück erwerben.
Als weitere Folge müssen sowohl alle baulichen Vorhaben und Nutzungsänderungen innerhalb des Sanierungsgebietes als auch alle Verträge über Grundstücke, angefangen vom Verkauf über die Bestellung einer Hypothek bis hin zu Mietund Pachtverträgen, durch die Kommune genehmigt werden (§§ 144, BauGB). Dadurch erhält sie rechtzeitig Kenntnis von allen Vorgängen und Vorhaben, die sich auf die Sanierungsmaßnahmen auswirken können, und kann diese, soweit erforderlich, steuern oder sogar unterbinden. Auch wird nach Verabschiedung der Satzung in die Grundbücher der betroffenen Grundstücke ein sogenannter »Sanierungsvermerk« eingetragen. Damit wird zum einen ein potentieller Grundstückserwerber über die Sanierung und ihre Folgen informiert, zum anderen wird damit auch die o.g. Genehmigungspflichtigkeit von Verträgen festgeschrieben.
Alles im allen erfolgt mit der Sanierungsfestlegung ein umfassender Eingriff in das Eigentum, der jedoch vor dem Hintergrund höherrangiger städtebaulicher Belange in der Rechtssprechung des BVerfG als ein Ausdruck der in Artikel 14 Grundgesetz festgeschriebenen Sozialbindung des Eigentums angesehen und damit als verfassungskonform eingestuft wird.
MARCUS MOLLNAU, Rechtsanwalt
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