Alter Weststü stößt auf wenig Verständnis
Bereit zum Kundengespräch: Jens Kirchhof, Wolfram Thomas und Dr. Uwe Nawrath (v.l.)
Foto: Gabne e Senft
Die neuen Werber haben mit finanzschwachen Betrieben, Provisorien und Verdruß auf Reklame zu leben. »Da weiß ich schon«, sagt Wolfram Thomas, »daß an der Werbung zuerst gespart wird, obwohl es sicherlich das Falscheste ist.« Verkauft werde nicht nur die Ware, sondern das ganze Drumherum. Wenn ein
Angebot überhaupt wahrgenommen und gewürdigt werden soll, müssen schon Aufmerksamkeit und Sympathie im Spiel sein. »Daher sollen unsere Gewerbetreibenden und Dienstleister zu Sympathieträgern werden«, nimmt sich Thomas vor Das macht unterschiedliche Werbemaßnahmen notwendig, die gut aufeinander abgestimmt sein wollen. In wenigen Jahren machten die Märkte
in Ostdeutschland einiges durch. In München und Hamburg konzipierte Werbekampagnen kamen nicht immer an. Ihr altbewährter Stil stieß bei Menschen auf Verständnislosigkeit, denen die Anpassungen gerade über den Köpfen zusammenschlugen. Werbefuzzis grasten den Markt ab und wurden nicht wieder gesehen. »Den Leuten kann man jetzt nichts mehr vormachen«, meint Jens Kirchhof.
Erst war man auf die großen Marken neugierig gewesen, aber dann kehrte die Ernüchterung ein. Inzwischen ergreift der Verbraucher Partei für Produkte seiner Region, in der er ja auch als Hersteller tätig sein will. Gerade von diesen Verletzungen und Empfindlichkeiten müssen Werber wissen. Die Märkte versuchen sich einzuspielen, aber schon die Landschaft der Werbeträger befindet sich in eiligem Wandel. Von den Printmedien der Jahre 1991/92 ist nicht mehr viel übrig, und der Rest muß sich auf medienpolitische Neuverteilungen einstellen.
Zu ihren Kunden hätten sie ein enges Verhältnis, berichten die drei Berliner, da müßten sie schon über Werbung und Marketing kompetent urteilen können. »Das erste Auto verkauft die Werbung«, bringt Thomas die Sache auf den Punkt, wenn er an seine Autohändler denkt. »Aber für das zweite muß der Service sorgen.« Werbung kann Kunden ins Haus bringen, dann ist aber der Stab an Ver-
kauf, Preispolitik und Lager weitergegeben. Die Werbung muß ihren Part erfüllen, doch wieviel auf die insgesamt beteiligten Faktoren bei Erfolg oder Mißerfolg fällt, ist nicht so genau auszumachen. Was einen Konsumenten zu einer Kaufentscheidung treibt oder wovon er sich dann doch noch abhalten läßt, hätten Nürnberger oder Aliensbacher Konsumforscher allzugern gewußt. Was würde allein schon die Politik dafür hergeben, um einen tiefen Blick in Wählerseelen zu werfen! Daher verweigert sich auch Nawrath bei Fragen nach einem Rezept. Wichtig sei der konkrete Fall, gleich ob Händler oder Ingenieur Da läge dann die Geschichte vor, meint er, für die Angebot, Präsentation, Medium und Zielgruppe stimmig zu machen wären.
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