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  • Politik
  • Margaret Atwood führt ins vorige Jahrhundert

Doppelmord in Richmond

  • Klaus Haupt
  • Lesedauer: 2 Min.

Hinter »Alias Grace« verbirgt sich ein irisches Mädchen, das in der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit Eltern und Geschwistern von der grünen Insel nach Nordamerika ausgewandert war Dort, so hoffte die Familie gleich vielen Landsleuten, könne man das Hungertuch vielleicht gegen einen Laib Brot eintauschen. Grace, knapp sechzehnjährig, verdingte sich als Dienstmagd.-Ihr kleines Glück währte nicht lange. Nur wenige Monate nach der Ankunft in der Neuen Welt wurde sie berühmt und berüchtigt: Grace Marks, die kaltblütige Mörderin. In einem abgelegenen Landhaus in Richmond Hill bei Toronto hatte es am 23. Juli 1843 einen Doppelmord gegeben. Die Opfer- der Landlord Thomas Kinnear, ein gutbetuchter Junggeselle, sowie seine Haushälterin und Geliebte Nancy Montgomery Kurz darauf wurden Grace Marks und der Stallbursche James McDermott auf der Flucht verhaftet. McDermott ließ man öffentlich hängen. Die Todesstrafe für das Mädchen wurde im letzten Augenblick in lebenslänglich umgewandelt. 1872 wurde Grace Marks begnadigt.

Dieser Doppelmord, grausam, aber auch von vielen Fragezeichen beschattet, hat seinerzeit die Gemüter erhitzt. Pro und kontra Grace Marks debattierten Juristen, Kirchenleute, Bürger aller Schichten: War die Sechzehnjährige an dem Verbrechen beteiligt oder nicht? Und wenn ja, in welchem Maße trifft sie Schuld? War sie während der Tatzeit im Besitz ihres Bewußtseins? Margaret At-

Margaret Atwood: Alias Grace. Roman. Deutsch von Brigitte Walitzek. Berlin Verlag. 620 Seiten, gebunden, 48 DM.

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