ttSM Attentat in der Königsstadt Kandy
Tamiltiger wollten Unruhen provozieren Von Hilmar König, Colombo
Der Sprengstoffanschlag vom Sonntag auf das bedeutendste Heiligtum der Buddhisten Sri Lankas hatte eine eindeutige Zielrichtung: Torpedierung der Vorbereitungen auf den 50. Unabhängigkeitstag am 4. Februar.
Exakt dort, wo Staatspräsidentin Chandrika Kumaratunga ihre Rede an die Nation halten wollte, jagte ein Kommando der Tamilischen Befreiungstiger (LTTE) einen mit Sprengstoff bepackten Lastwagen in die Luft. Die alte Königsstadt Kandy 116 km von Colombo wurde von einer gewaltigen Detonation erschüttert. Neun Personen, darunter drei Tamiltiger, kamen uns Leben, 25 wurden verletzt. Der Anschlag galt dem größten buddhistischen Heiligtum des Landes, dem im 15. Jahrhundert errichtete Tempel »Dalada Maligawa«, in dem ein Zahn Buddhas aufbewahrt wird. Glücklicherweise blieb das goldene Behältnis mit der Reliquie unversehrt.
Die LTTE wollte nicht nur demonstrieren, daß sie zuschlagen kann, wann und wo es ihr beliebt. Vielmehr beabsichtigte sie mit diesem Anschlag auch, die buddhistisch-singhalesische Bevölkerungsmehrheit zu unkontrollierten Reaktionen zu verleiten. Offensichtlich hatten die Drahtzieher des Attentats als-Vergel-
tung der Singhalesen mit einer Hexenjagd auf Angehörige der tamilischen Minderheit gerechnet. In einem solchen Falle wären die Unabhängigkeitsfeiern tatsächlich unmöglich geworden. Glücklicherweise trat nichts dergleichen ein.
Welche Brisanz der Vorfall barg, geht aus den Wortmeldungen buddhistischer Würdenträger hervor Sie nannten die Tat ein noch schlimmeres Verbrechen als das LTTE-Massaker vom Mai 1985 in der Stadt Anuradhapura, bei dem 150 Gläubige umkamen. Der katholische Erzbischof erklärte: »Dieses Verbrechen richtet sich nicht nur gegen die Buddhisten, sondern gegen alle Bürger dieses Landes, egal, welcher Religion oder Rasse«.
Minister Ratwatte hatte letzte Woche noch selbstbewußt erklärt, daß 10 000 Mann der Streitkräfte und der Polizei bereits in Kandy stationiert worden sind, um mögliche Attacken auszuschließen. »Es ist sehr unglücklich«, sagte er nun, »daß ein solcher Anschlag gerade zu diesem Zeitpunkt unserer Geschichte geschehen konnte. Die LTTE ist dank der Operationen der Streitkräfte im Norden mit ihrem Terror am Ende. Deshalb hat sie auf diese Weise reagiert.«
Präsidentin Kumaratunga inspizierte unterdessen den beschädigten Tempel, in dem jedoch alle Zeremonien wie gewohnt abgehalten werden. Sie versicherte, daß das Unabhängigkeitsjubiläum, zu dem Prinz Charles als Chefgast eingeladen ist, wie ursprünglich geplant in Kandy zelebriert wird.
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