14 Plätze gelten als sicher
Einen wie auch immer gearteten Regionalproporz habe er nach diesbezüglicher Kritik im Vorfeld der Landtagswahl 1994 nicht berücksichtigt, betonte Kunckel vorbeugend. Manfred Müntjes, Chef des Unterbezirkes Elbe/Röder, findet es trotzdem inakzeptabel, daß kein Dresdner Kandidat auf einem aussichtsreichen Listenplatz positioniert wurde. Ausgehend von Umfrageergebnissen, die der SPD
über 30 Prozent der Wählerstimmen prognostizieren, gelten etwa 14 Plätze als sichere Tickets für den Bundestag. Derzeit sitzen neun sächsische Sozialdemokraten in Bonn.
»Dresden ist nicht irgendeine Stadt«, meint Müntjes und fordert für die SPD-Fraktion im nächsten Bundestag einen Vertreter aus der Landeshauptstadt. Dabei geht es aber nicht nur um lokale Prestigefragen: Die Dresdner Genossen werden in der Mehrzahl der Parteilinken zugerechnet. Zwar hatte Kunckel beiläufig darauf verwiesen, daß die auf Platz zwei gesetzte ehemalige Landtagsabgeordnete Barbara Wittig zu den Unterzeichnern der »Thesen aus Sachsen« gehörte und also von der seinigen abweichende Positionen berücksichtigt seien. Der als Intimgegner des Landesvorsitzenden gehandelte Müntjes rangiert allerdings erst auf Listenplatz 16.
Müntjes hatte sich im Dezember 1995 durch das »Meißner Modell« einer PDSunterstützten Kandidatur für den Landratsposten im Kreis Meißen-Radebeul einen Namen gemacht. Auch wenn derlei Schulterschluß längst der Vergangenheit angehört, blieb er zum Landeschef auf Distanz. Da er sich nach eigenen Aussagen beim Kampf um ein Direktmandat im Dresdner Wahlkreis 318 in einer »unglücklichen Position« sieht, dürfte Kunckels Listenentscheidung für den Mittdreißiger das vorläufige Ende der bundespolitischen Ambitionen bedeuten.
Bei der Aufstellung der Landesliste befindet sich Kunckel in einer ungewöhnlich machtvollen Position. Denn während interne Vorbesprechungen andernorts durchaus üblich sind, hat der sächsische Landesvorsitzende seit dem Parteitag 1996 das alleinige Vorschlagsrecht. Zwar müssen Vorstand, Parteirat und eine Delegiertenkonferenz zustimmen. Doch zumindest die ersten beiden Gremien liegen auf Kunckels Linie: Im Parteirat gab es bei 36 Stimmberechtigten sechs Gegenstimmen und vier Enthaltungen, im Vorstand war das Votum noch klarer
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