Bei Wahlen im Osten Deutschlands haben Rechtsparteien erschreckend hohe Ergebnisse erzielt. Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wird der zersplitterten nationalistischen Szene kein Erfolg zugetraut.
Wahlforscher und Sicherheitsexperten sind sich einig, dass die rechtsextremen Parteien in NRW wegen zweier Schwächen keine Chance haben: Die Strukturen sind desolat und es fehlen große Themen. NPD und Republikaner hatten enorme Probleme, die für den Wahlantritt nötigen 100 Unterschriften pro Wahlkreis zu ergattern. Möglicherweise wurde sogar in beiden Parteien geschummelt. Die Ermittlungen sind trotz zahlreicher Hinweise inzwischen eingestellt worden. Ob mit oder ohne Betrug - die NPD schaffte es nur in 109 der 128 Wahlkreise, Kandidaten aufzustellen. Der »Deutschlandpakt« mit der DVU, die zu Gunsten der NPD in Nordrhein-Westfalen verzichtet, hat wenig bewirkt.
Zweites Manko: Die Erregung über Hartz IV und andere Sozialreformen der Bundesregierung ist weitgehend verflogen. Vom Unmut der Bevölkerung hatte die NPD zeitweise profitiert, in Sachsen sogar den Einzug in den Landtag geschafft. Auch bei den Wahlen im Saarland im September 2004 erreichten die Nationaldemokraten mit vier Prozent ein erstaunliches Resultat. Außerdem gelang es Rechtsextremisten bei den Kommunalwahlen in NRW im September insgesamt 51 Mandate zu erringen. Die Republikaner holten in Alsdorf bei Aachen 8,2 Prozent, die Splittergruppe »Pro Köln« erreichte 4,7 Prozent.
Auf Platz eins der NPD-Landesliste steht der in Bochum wohnende Bundesvorsitzende Udo Voigt. In einem Interview mit der vom NRW-Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Wochenzeitung »Junge Freiheit« äußerte er sich offen über die Absichten der NPD: »Es ist unser Ziel, die BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor fünfzehn Jahren die DDR abgewickelt hat.« Voigt sagte auch, dass es sich bei Hitler »zweifellos um einen großen deutschen Staatsmann« handle. Die NPD setzt auf Wahlabsprachen mit der DVU und parteiunabhängigen Neonazis, die sich in so genannten »freien Kameradschaften« organisiert haben. Auf diese Weise soll eine »Volksfront von rechts« gebildet werden. Auf der NPD-Landesliste kandidieren drei Neonazis: Bei der Landtagswahl 2000 kamen die Nationaldemokraten auf kaum messbare 2357 Stimmen.
»Mit Dosenpfand, Anti-Diskriminierungs-Gesetz und Blanko-Visa für Verbrecher und Menschenhändler kommt unser Land nicht weiter«, lautet die Stimmungsmache der Republikaner (REP). Uschi Winkelsett, REP-Spitzenkandidatin, will »den abgehobenen Politikern der Altparteien Beine machen«. Bei der letzten Landtagswahl erreichten die Republikaner 1,1 Prozent.
Während die Republikaner und die NPD sich praktisch flächendeckend zur Wahl stellen, gibt es rechte Splitterparteien, die nur wenig präsent sind. Dazu gehört der rechtsextreme »Bund für Gesamtdeutschland« (BGD), der nur in zwei Wahlkreisen in Düsseldorf mit Direktkandidaten antritt. In der Vorstellung des BGD-Vorsitzenden Horst Zaborowski existiert das Deutsche Reich noch immer in den Grenzen von 1871.
Nicht im Verfassungsschutz-Bericht erwähnt, aber offenbar dennoch rechtslastig ist die »Bürgerrechtsbewegung Solidarität« (BüSo), die in 41 von insgesamt 128 Wahlkreisen mit Direktkandidaten antritt. Nach Angaben der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) ist die BüSo die Nachfolgeorganisation der Partei »Patrioten für Deutschland«. Geführt wird die BüSo von Helga Zepp-LaRouche, der Ehefrau des amerikanischen Millionärs Lyndon H. LaRouche.
»Rechtsextremismus im intellektuellen Gewand bedroht die Demokratie nicht weniger als dumpfe Gewalttäter«, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz anlässlich der Vorlage einer Studie des NRW-Verfassungsschutzes. Ihr Ergebnis: Die so genannte »Neue Rechte« in Deutschland sei eine häufig unterschätzte Gefahr für die demokratische Kultur.
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