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In Gedenken der Opfer des 20. Juli

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Der 20. Juli erinnert alljährlich an Schlesien als Zentrum des aktiven Widerstands wider den Führer und seine treue Komparserie. Kronzeugen sind Kreisau und Graf James von Moltke. Für aufrichtige Katholiken ist der 20. Juli 1998 ein Tag des besonderen Gedenkens. Vor 65 Jahren ratifizierte feierlich der Hlg. Stuhl das Reichskonkordat mit dem Führer und seiner nationalsozialistisch treuen Gefolgschaft. Seine Heiligkeit in Rom, in deren Händen allein Gesetzgebung, Gesetzesdurchführung und Rechtsprechung lagen, tat sich besonders hervor, in der Nachfolge Christi als erster den nationalsozialistischen Staat international anzuerkennen. Man machte den Nationalsozialismus hoffähig und erteilte ihm quasi im voraus die Absolution für den Holocaust an Sinti und Roma, Homosexuellen und Menschen nichtvölkischer, nichtkatholischer Herkunft wie Juden und Zeugen Jehovas. Bekanntlich schrieb dieser Staatsvertrag nur den Schutz der nichtvölkischen katholischen Minderheiten in Artikel 29 fest. Dieses Privileg unterschied de jure in Niederschlesien die katholischen Sorben innerhalb ihrer Volksgruppe von ihren nichtkatholischen Brüdern und Schwestern. Denn dieser Passus einäugiger amtskirchlicher Nabelschau im Konkordat grenzte Nichtkatholiken aus und überließ nichtvölkische, nichtkatholische Minderheiten dem Nationalsozialismus als Freiwild. Unter besonderem Schutz stellten die Artikel 5, 6, 8, 9, 10 und 14 die Privilegien des Klerus. Artikel 30 sicherte das Gebet für das Wohlergehen des Deutschen Reiches, und damit auch für den

Führer der Deutschen. So geschah es, daß zehntausende katholische Laien und Geistliche aufrechten Gangs dieses Konkordat mit ihrem Leben in Konzentrationslagern bezahlten. Darum blieb es nicht aus, daß zum Entsetzen der Katholiken Schlesiens - während verantwortungsbewußte Kinder Gottes in Kreisau (Niederschlesien) den aktiven Widerstand gegen den Gernegroß aus Braunau planten - der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Bertram, Breslau, erklärte: »Das Erscheinen in der Uniform des Jungvolks und der HJ beim Empfang des Hlg. Sakraments ist zulässig.« Diese Tatsachen geben Antwort, warum danach in den Schulen das »Gebet für den Führer« ungehindert gelernt und vor seinem Bild gesprochen wurde. Weshalb fromme Frauen im Ordenskleid noch im März 1945 inmitten von SA- und SS-Uniformen und vor laufender Kamera der UFA-Wochenschau die letzte öffentliche Rede des Reichspropagandaministers in der Görlitzer Stadthalle begeistert mit Beifall bedachten. Aufgrund dessen sind am 20. Juli 1998 für jene die Hände zu falten und ihnen mit einem requiescat in pacem insbesondere zu gedenken, die ein Opfer dieses Paktes der Gralshüter der Gebote Gottes mit Mephisto wurden. So wird künftig selbst ein Treueid nicht verhindern können, daß verantwortungsbewußte und überzeugt praktizierende katholische Laien oder Theologen mit Lehrauftrag an die Worte Gretchens gegenüber Dr Fausts erinnern »Heinrich, mir graut vor Dir«.

Dr med. Jürgen Wenske 02826 Görlitz

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