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Von Judith Dellheim

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Drohungen des Chefs der bayerischen Staatskanzlei, dem Osten wegen SPD-PDS-Zusammenarbeit finanzielle Hilfen aufzukündigen und föderale Beziehungen abzubrechen, erinnern an Kalten Krieg. Daß es neben Ausgrenzung, Erpressung und Wahlkampf um anderes geht, beweist die im Sommer von Bayern und Baden-Württemberg beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Die Argumentation ist einfach: Wenn Tüchtige Untüchtigen zu viel geben, werden Tüchtige untüchtig, Untüchtige nicht tüchtig - und alle verlieren.

Das Lächerliche ist ernst. Der Sachverständigenrat hat sich in seinem Jahresgutachten erneut gegen das »viel zu hohe Ausgleichsmaß« beim Länderfinanzausgleich ausgesprochen, »da es zu negativen Anreizeffekten führt«. Zuvor erklärte die bayerisch-sächsische Kommissionfür Zukunftsfragen: »Jedes Land trägt die Verantwortung für seine Wirtschafts- und Beschäftigungslage selbst. Dadurch wird unter den Ländern ein produktiver Wettbewerb gefördert, der die Lebensbedingungen in Deutschland insgesamt zügiger verbessern wird. Zur Verwirklichung dieses Ziels empfiehlt die Kommission auch, die überfällige Neugliederung einiger Länder ernsthaft voranzubringen.«

Der Klage gegen den Länderfinanzausgleich schloß sich mittlerweile Hessen an, wo Landtagswahlen anstehen und zum überwiegenden Teil das Kapitalertragsteuer-Aufkommen anfällt (Bankenplatz Frankfurt). Auch NRW-Regierungs-

chef Clement forderte grundlegende Veränderungen in den Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sowie Länderneugliederungen. Die Entscheidungsspielräume der Länder müßten nach Ansicht des DIHT wettbewerbsfördernd gestaltet werden, weshalb in einem Positionspapier amerikanische Verhältnisse in der Finanzpolitik verlangt werden. Das will auch der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung, und das heißt. Steuergesetzeskompetenz für die Länder, Steuer- und somit verschärfte Standortkonkurrenz.

Bis Ende 2004 laufen wichtige Vorschriften des Länderfinanzausgleichs aus und eine Neuregelung muß verabschiedet sein. Mit der Vorbereitung will die Bundesregierung eine Enquete-Kommission beauftragen; SPD-Fraktionschef Struck hält die Zeit für gekommen, um »über alles zu diskutieren«.

Zweifellos sind die Aufgaben zur Daseinsvorsorge eindeutig zu klären und zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu regeln. Demokratisierung, tatsächliche Selbstverwaltung der Kommunen, solidarisch beschäftigungspolitische, soziale und ökologische Probleme angehen sowie Lösungen globaler Fragen befördern - das sind die Herausforderungen. Ihnen müssen Steuer- und Finanzpolitik, incl. Finanzausgleichsbeziehungen, untergeordnet werden, in Deutschland und in der EU Doch die Bundesländer müssen den Euro-Stabilitätspakt beachten und ihre Stellung in der EU sichern. Da haben Finanzstarke noch weniger Interesse an Hilfen für Finanzschwache, insbesonderefür Ostdeutschland.

Linke müssen daher zeigen, daß der gegenwärtige Streit um den Länderfinanzausgleich im Kontext mit dem Euro-Stabilitätspakt und der Frage nach dem Zusammenleben in Deutschland und Europa steht. Die BRD-Finanzverfassung und der Stabilitätspakt müssen verändert werden, sollen demokratisch und solidarisch Probleme gelöst werden.

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