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Packeis auf dem Jupitermond Europa

Auch auf Callisto Wasser / Io ist der vulkanisch aktivste Himmelskörper in unserem Sonnensystem Von Dieter Hannes

  • Lesedauer: 5 Min.

Die zwei Hypothesen über den inneren Aufbau von Europa im Bild

Abb.. NASA/JPL/DLR

A uch wenn die Erde überwiegend l\ von Ozeanen bedeckt ist, der was-?*- ?*-serreichste Himmelskörper in unserem Sonnensystem ist sie wohl nicht. Denn auf zwei der größten Jupitermonde - Europa und Ganymed - fand die US-Sonde »Galileo« riesige Wassermengen. Auch die anderen beiden der nach ihrem Entdecker Galileische Monde genannten Begleiter des größten Planeten - Callisto und Io - bieten Überraschungen.

Vorgestellt wurden die neuen Erkenntnisse Anfang der Woche von Wissenschaftlern aus dem Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-Weltraumbehörde NASA sowie dem deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Die Vermutung, daß sich unter der Eiskruste des Jupitermondes Europa (Durchmesser 3121km, Erdmond: 3476 km) ein Wasserozean befinden könnte, wird seit etwa 26 Jahren diskutiert. Die »Galileo«-Sonde scheint diese Ansicht jetzt zu bestätigen. Die Mondoberfläche sieht aus wie eine auf dem Boden zerschellte gemusterte Glasscheibe, deren Bruchstücke durcheinander geraten sind. Diese Bruchstücke sind Teile der durch innere Kräfte zerbrochenen Kruste, eine Art Packeis-Schollen, die auf einem teilweise geschmolzenen Eismeer driften. Außerdem habe man Anhaltspunkte gefunden, die Vulkanismus vermuten lassen. Allerdings würden diese Eisvulkane nicht geschmolzenes Gestein, sondern Wasser speien.

Uneins sind sich die Experten darüber, ob ein solcher unterirdischer« Ozean und der Vulkanismus noch existieren

oder ob nicht längst alles Wasser zu Eis erstarrt ist. Klären ließe sich diese Frage, wenn man das Alter der Mondoberfläche genau bestimmen könnte. US-Wissenschaftler schätzen deren Alter auf wenige Millionen Jahre. Träfe das zu, dann könnte der vermutete Ozean noch existieren. Fachleute der »Galileo«-Forschergruppe des DLR-Instituts für Planetenerkundung in Berlin-Adlershof hingegen taxieren das Alter der Oberfläche auf mehrere 100 Millionen Jahre. Dann könnte der recht kleine Mond längst durchfroren sein.

Die unterschiedliche Altersschätzung basiert auf der Anzahl festgestellter Einschlagskrater Je mehr Krater auf einer Oberfläche, desto älter ist sie. Doch das setzt eine konstante Einschlagshäufigkeit voraus. Auch müßten die Krater tektonischen Veränderungen oder der Erosion widerstanden haben. Beides ist eher zweifelhaft.

Prof. Gerhard Neukum, Direktor des Institus für Planetenerkundung, als einziger Nicht-Amerikaner Mitglied des »Galileo Imaging Teams«, das die Bilder auswertet, meinte dazu: »Mit großer Wahrscheinlichkeit gab es einen solchen Ozean im Laufe der Entwicklung des Mondes. Daß es ihn sogar heute noch gibt, der Mond also noch nicht gänzlich erstarrt ist, dafür geben die >Galileo<-Bilder neue Hinweise. Trifft diese Annahme zu, so wäre die Wassermenge unter dem Eispanzer Europas wohl zwei- bis dreimal größer als die der Ozeane auf der Erde. Europa wäre dann neben der Erde der einzige Ort im Sonnensystem, auf dem Wasser in größerer Menge vorkäme«.

Wassereis, ja sogar einen Ozean wie auf Europa, glaubt man auch auf dem Mond Callisto entdeckt zu haben. Doch noch mehr überraschte die Oberflächen-

beschaffenheit. Auf Grund der »Voyager«-Aufnahmen aus dem Jahre 1979 erwarteten die Wissenschaftler auf Callisto eine mit kleineren Kratern übersäte Oberfläche; statt dessen fand man nur wenige Krater mit einem Durchmesser von unter einem Kilometer Die Oberfläche scheint von einer Schicht aus feinem dunklen Material überzogen zu sein, dessen Natur unbekannt ist. Die Callisto-Oberfläche hat sich vermutlich seit vier Milliarden Jahren nicht mehr wesentlich verändert.

Große Umwälzungen gab und gibt es dagegen auf Io (Durchmesser 3640 km). Es ist der vulkanisch aktivste Himmelskörper im gesamten Sonnensystem. Urheber dieser vulkanischen Aktivität sind die enorme Anziehungskraft des Jupiter und der Einfluß der drei anderen großen Jupitermonde. Diese gegensätzlichen Kräfte zerren an Io, »durchwalken« ihn förmlich, so daß die entstehende Reibungswärme das Innere des Mondes über Milliarden Jahre heiß und flüssig hielt und ein ununterbrochener Vulkanismus im Gange ist. So wurde innerhalb von fünf Monaten ein Gebiet mit einem Durchmesser von 400 km vollständig mit dunklem Auswurfmaterial - wahrscheinlich Schwefelverbindungen - zugedeckt. Bei solchen Ausbrüchen werden vulkanische Gase und Aschen bis zu 400 km hoch geschleudert und Temperaturen von bis zu 2000 Grad Kelvin (1727 °C) gemessen. Irdische Vulkanausbrüchen kommen niemals auf so hohe Temperaturen.

Völlig andere Ergebnisse lieferten Beobachtungen während des wiederholten Vorbeifluges an Ganymed (Durchmesser 5268 km). Hier ist die geologische Entwicklung seit etwa 3,5 Milliarden Jahren abgeschlossen. Zuvor müssen sich jedoch gigantische Umwälzungen vollzogen ha-

ben. Davon zeugen Rillensysteme, die über Hunderte von Kilometern parallel verlaufen und dem Mond ein wirres Streifenmuster aufprägten. Geländemodelle des DLR zeigen, daß die Höhenunterschiede in diesen Rillen mitunter 1000 m erreichen. Überraschend war das Fehlen von Spuren früheren Vulkanismus auf diesem Mond. Die heutige Kruste überdeckt eine fast 1000 km dicke Schicht aus Wassereis, unter dem sich ein innerer Mantel aus silikatischen Komponenten und darunter schließlich der Kern des

Mondes, vermutlich metallischer Natur, befindet. Die größere Überraschung war allerdings, daß der Kern von Ganymed ein aktives Magnetfeld erzeugt.

Am 1 Februar wird sich »Galileo« zum achten Male dem Mond Europa nähern, danach viermal Callisto passieren, um sich im Oktober und November Io anzunähern. Die Annäherung ist mit einer sehr hohen Strahlenbelastung verbunden, was zu einer Zerstörung der Bordelektronik führen könnte. Das Manöver soll dennoch gewagt werden.

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