Ver.di will Betriebsrat verklagen

Gegenbauer-Gesamtvertretung akzeptiert Kündigung eines Mitglieds

  • Haidy Damm und Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Gesamtbetriebsrat des Sicherheitsunternehmens Gegenbauer hat der Kündigung eines Erfurter Betrieb-srats zugestimmt. Indessen hat ein Mitgliedsverband des Christlichen Gewerkschaftsbunds (CGB) hinter dem Rücken von ver.di einen Tarifvertrag für Thüringen abgeschlossen. Montag Mittag in Erfurt: Torsten Furgol bewacht den Landtag, als ein Vorgesetzter auf ihn zukommt. Der fragt den Wachschützer als erstes nach seinem Dienstausweis. Was dann folgt, haut den Betriebsrat beim Sicherheitsunternehmen Gegenbauer um: Einzug des Ausweises, fristlose Kündigung. Sofort zu unterschreiben. Ein Hausverbot gibt es noch oben drauf. Furgol, so die Begründung, habe Betriebsratsarbeit »verwechselt« mit gewerkschaftlicher Propaganda, die Bewacher im Erfurter IKEA Lager »aufgehetzt« und so dafür gesorgt, dass IKEA den Auftrag gekündigt hätte. »Sein Verhalten führte nicht allein zur bereits erfolgten Auftragskündigung für zwei Objekte, sondern stellte eine Gefährdung von Auftragsbeständen und Arbeitsplätzen dar«, so Firmensprecher Gunther Thiele. Doch die IKEA Lager- und Service GmbH hält sich bedeckt. »Wir haben den Bewachungsauftrag gekündigt, weil die Firma ihren Vertragsleistungen nicht nachgekommen ist«, sagt Geschäftsführer Dieter Imberger. Furgol verhandelte als Mitglied der ver.di-Tarifkommission seit Monaten mit den Sicherheits-Arbeitgebern. Als Betriebsratsmitglied unterstützt ihn ver.di Thüringen. Er habe nur seine Pflicht getan: Tarife überwachen und Beschäftigte beraten. Nun ist es nicht so einfach, einen Betriebsrat loszuwerden. Das ging nur durch einen besonderen Clou: Der Rest des Betriebsrates hat der Entlassung zugestimmt. Laut Corinna Hersel von ver.di hat sich die Geschichte so abgespielt: Der Vorsitzende des Betriebsrates, Wolfgang Pfennig, erhält von der Geschäftsführung das Kündigungsschreiben. Er lädt aus dem großen, drei Bundesländer umfassenden Betriebsrat nur neue Mitglieder ein. Furgol weiß von nichts. Damit er noch Stellung beziehen kann, wird ein Beschluss herbeigeführt, der besagt: »Unter dem Vorbehalt, dass die Vorwürfe sich bewahrheiten, wird dem Antrag zugestimmt.« Allerdings - und das müsste der erfahrene Betriebsratsvorsitzende wissen - ist die Kündigung bereits durch diesen Beschluss wirksam. Betriebsrat Pfennig war für eine Stellungnahme leider nicht erreichbar. Furgols Kündigungsschutzklage wird im November verhandelt. Die Gewerkschaft will jetzt rechtlich gegen den Betriebsratsvorsitzenden vorgehen. Hersel forderte außerdem den thüringischen Landtag auf, Gegenbauer zu kündigen und den Auftrag an »faire Dienstleister zu vergeben«. Unterdessen kommt noch von anderer Seite Ungemach auf ver.di zu. Die CGB-Gewerkschaft GÖD hat hinter dem Rücken von ver.di bereits anfang des Monats einen Tarifvertrag für Thüringen mit dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. (BDWS) vereinbart. Dies eröffneten die GÖD-Vertreter laut Hersel bei einem Treffen mit ver.di, bei dem eigentlich ein gemeinsames Vorgehen beredet werden sollte. Wolfgang Schneider, Vorsitzender des GÖD-Landesverbandes Nordost: »Dieses Gespräch diente eher der Planung für eine potenzielle zukünftige Zusammenarbeit.« Aus dem neuen Lohntarifvertrag, der ND vorliegt, geht hervor, dass bei einigen der gewerblich Beschäftigten die Gehälter um 6 bis 15 Cent pro Stunde ansteigen. Andere, wie beispielsweise Schützer bei der Deutschen Bahn AG gehen ebenso leer aus wie die Angestellten im Büro- und Innendienst. Auch in dieser Sache gibt sich Hersel kämpferisch. »In der nächsten Woche tagt die Tarifkommission. Da wollen wir prüfen, ob wir rechtlich vorgehen und feststellen lassen, dass die GÖD keine Gewerkschaft, also nicht tariffähig ist. Außerdem soll über Arbeitkampfmaßnahmen diskutiert werden.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -