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  • Politik
  • Erinnerung an Hans-Joachim Preil

Populärer Besserwisser

  • Peter Hoff
  • Lesedauer: 3 Min.

Hans-Joachim Preil 1998 Foto: dpa/Kalaene

Lustspiele, die er auch inszenierte. Selbst die Kinder erlebten damals unter seiner Regie ein Weihnachtsmärchen ganz besonderer Art: »Die Bremer Stadtmusi-

Das war am 26. September 1959 Die Sendung hieß »Ob das was wird?«, es war eine improvisierte Liveübertragung aus Magdeburg, wie sie die Fernsehmacher damals gern ausprobierten, und jeder einigermaßen pflichtbewusste Produktionsleiter würde heute solch ein Vorhaben entsetzt von sich weisen. Denn um 18.30 Uhr gab es noch kein Szenenbild und kein Programm, nur eine vage Idee und den Appell von Spielmeister Horst Lehn via Bildschirm, die Magdeburger möchten sich doch an dieser Sendung beteiligen, als Dekorateure oder Musiker, als Artisten oder schlichtweg als Publikum. Und als dann 20 Uhr nach der Aktuellen Kamera in die Stadt an der Elbe umgeschaltet wurde, war alles da, was eine ordentliche Unterhaltungssendung braucht. Vor allem ein Programm. Und in

diesem Programm zwei Komiker, die dann mehr als zwanzig Jahre aus der Fernsehunterhaltung der DDR nicht mehr wegzudenken waren: Rolf Herricht und Hans-Joachim Preil. Es war »etwas geworden«, diese Sendung schrieb in der DDR Fernsehgeschichte.

Die Sketches von Preil und Herricht, die mit hirnrissigen Wortassoziationen die Lachmuskeln der Zuschauer strapazierten, hatten die beiden schon einige Zeit vorher gespielt, sie waren damit über die Dörfer und durch die Kulturhäuser getingelt. Preil war damals in Magdeburg Oberspielleiter der Operette, Herricht jugendlicher Komiker, die beiden hatten einander gesucht und gefunden. Preil schrieb die Texte und spielte den krümelkackerischen Besserwisser, der von dem gewitzten Herricht aufs Glatteis geführt wurde. Es war Preils wahrscheinlich.produktivste Zeit. Er inszenierte den gesamten Operettenspielplan, schrieb Texte für musikalische

kanten« als Musical, mit Herricht und Preil als urkomische Räuber.

Eigentlich hatte Hans-Joachim Preil Arzt werden wollen, doch dann zog es ihn zum Theater. Anfang der 60er Jahre ging er zum Fernsehen, und wieder brachte er seine Talente in vollem Maße in das Programm ein. Sein Lustspiel »Ja, so ein Mann bin ich«, für Dieter Mann geschrieben, knüpfte an gute alte Boulevardtraditionen an. Preil hatte einfach »ein Händchen« fürs Leichte. Er inszenierte die Silvesterpossen des DDR-Fernsehens, er schrieb immer wieder Stücke. Aber die Sketches mit Herricht werden wohl am stärksten in Erinnerung bleiben. Der Tod seines Freundes 1981 war ein tiefer Einschnitt in sein künstlerisches Leben. Rolf Herricht war nicht zu ersetzen.

Die alten komischen Szenen zwischen Herrn Herricht und Herrn Preil sind zu Klassikern der DDR-Fernsehunterhaltung geworden, immer wieder tauchten sie auch nach der Wende im Programm auf. Hans-Joachim Preil war nach wie vor gefragt, er besuchte Talkshows und ließ sich von Filmemachern porträtieren. Er war ein kultivierter und charmanter Plauderer. Er wird uns fehlen, der Mann, der »Herr Preil« war.

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