Vertrösteter Torwart
Fußball-Bundestrainer Joachim Löw lobt René Adler, nominiert ihn aber nicht
Die anstehende Länderspielpause hat René Adler seit geraumer Zeit verplant: für einen Besuch bei seinem Bruder Rico, mit dem er sich einst in Köln ein Zimmer teilte. Da hat er schon gewusst, was Bundestrainer Joachim Löw bei der gestrigen Bekanntgabe des Kaders für die anstehenden WM-Qualifikationsspiele etwas umständlich erläuterte. Ja, »wir sehen hervorragende Leistungen und das freut uns sehr«, erläuterte Löw. Und doch: Zu einer Berufung reicht es (noch) nicht. »Wir sind von dem Können unserer drei Torhüter überzeugt und sehen keinen Grund etwas zu verändern«, sagte Löw. Der formstärkste Ballfänger der Bundesliga muss sich gedulden.
»René war nie gänzlich abgeschrieben: Er ist auf dem Sprung«, so Löw. »Es ist die allerwichtigste Aufgabe, für die WM 2014 die drei richtigen Torhüter zu nominieren.« Mit Adler befinde sich der Trainerstab im Austausch. »Wir haben die Chance, uns die Torwartfrage jetzt offen zu lassen. Aber Kriterium ist ausschließlich die Leistung.« Eine kleine Warnung an Ron-Robert Zieler und Marc-André ter Stegen, beide zuletzt nicht fehlerlos. Dass Adler an ihnen wieder vorbeizieht, gilt für viele nur als Frage der Zeit. Zehn Länderspiele stehen in der Vita des 27-Jährigen. Nach Löws Lobrede (»Wenn er verletzungsfrei bleibt, ist er ein Torhüter auf ganz hohem Niveau«) kann der gebürtige Leipziger hoffnungsvoll sein, dass sein Einsatz am 17. November 2010 beim 0:0 gegen Schweden nicht sein letzter gewesen ist.
138 Bundesligaspiele bestritt Adler für Bayer Leverkusen, ehe das Verletzungspech Bernd Leno den Weg ins Rampenlicht ebnete. Adler hätte sicher auch die WM 2010 als Stammtorwart bestritten, wenn er sich nicht die Rippe lädiert hätte.
Der Weggang aus Leverkusen hat Adler animiert, sich neu zu positionieren. »Du musst im Spiel die richtige Balance finden zwischen Anspannung und Entspannung, damit du nicht verkrampfst.« In den bisherigen sechs Bundesligabegegnungen hielt Adler so herausragend, dass Ex-Nationaltorhüter wie Uli Stein glauben, da sei die alte und neue Nummer eins der Nation am Werk. So weit will Löw nicht gehen: »Manuel Neuer ist die unangefochtene Nummer eins.«
Dass ihn nun der HSV gleich mit einem Vertrag bis 2016 ausstattete, stellte einen immensen Vertrauensvorschuss dar. Sowohl Sportchef Frank Arnesen als auch Cheftrainer Thorsten Fink sind heilfroh, welchen starken Rückhalt sie sich ins wankende Haus geholt haben - die bisher sieben Punkte hat der Mann mit der Rückennummer 15 teilweise allein festgehalten. Insofern herrschte beim HSV Aufatmen, dass sich eine Erkältung bei Adler nicht verschlimmerte, und er heute bei der SpVgg Greuther Fürth auflaufen kann.
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