Goldrausch in Rumänien
Dokumentarfilm »Rosia Montana - Dorf am Abgrund« zeigt soziale und ökologische Folgen des Bergbaus
Der Bergbau hat Tradition in den Westkarpaten. Neu ist hier nur die Art, wie Gold und Silber abgebaut werden - mit Dynamit und Zyankali. Der kanadische Bergbaumulti Gold Corporation will das Land um Roşia Montana nivellieren, das Tal und Teile des Dorfes mit giftigem Schlamm fluten, der nach der Aufbereitung übrig bleibt. Die Gifte, die zum Einsatz kommen sollen, werden an Mensch und Umwelt nicht spurlos vorübergehen, zumal das Gestein am Südende des Tals porös ist und Gefahr für das Grundwasser besteht.
Die Einwohner aber wehren sich - wenn auch nicht mehr einhellig. Bis 1918 hatten die Minen ihnen gehört, in der kommunistischen Zeit waren sie verstaatlicht und der Abbau intensiviert worden. Schon heute haben die terrassierten Krater in der Nachbarschaft teilweise mehrere Kilometer Durchmesser und sind hunderte von Metern tief. Nachbardörfer wurden überflutet, ihre Bewohner umgesetzt - jedenfalls die lebenden. Die Kreuze der Toten, die man liegen ließ, ragen heute aus dem Schlammsee.
In Roşia Montana aber will ein Teil der Bevölkerung nicht weichen. Wer Haus und Land schon verkauft hat, lebt in einem Neubauviertel von Alba Iulia. Schmucke, moderne Häuser, aber austauschbar und anonym. Viele sterben in den ersten beiden Jahre nach dem Wegzug, berichtet der Priester von Roşia Montana, weil sie die Umstellung nicht verkraften. Er aber werde bleiben, bis auch das letzte seiner Schäfchen den Ort verlassen habe. Schon jetzt liest er am Sonntag die Messe vor leeren Bänken. Ein Dorfbewohner verheißt der Gold Corporation Unheil, wenn sie den Berggeist verärgere. Ein Alter mit privater Goldschürflizenz dagegen verwahrt eine Pistole in der Küchenschublade, obwohl er selbst zugibt, dass das Schürfen im kleinen Rahmen kaum lohnt.
Von systematischer Desinformationspolitik der Gold Corporation ist die Rede, und dass die Techniken der Firma zur Erreichung ihrer Ziele die selben seien, die man von der Securitate kannte: Einschüchterung, Täuschung, Druck, Korruption. Auch die vom Konzern in Auftrag gegebene Sanierung des alten Dorfkerns sei nur Augenwischerei. Schon jetzt verfallen die Häuser der Umgesiedelten: Man lebe wie zwischen Kriegsruinen, erzählt ein junger Mann. Weshalb die rumänische Architektenkammer zum Erhalt des Ortskerns und der römischen Bergbaustollen auf die Erteilung des Weltkulturerbestatus durch die UNESCO spekuliert. Einen Präzedenzfall für den Umwelt-GAU hat es in Rumänien schließlich auch bereits gegeben: Im Jahr 2000 brach das Rückhaltebecken einer Goldmine und giftiger Schlamm ergoss sich bis in die Donau.
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