UCI kämpft um Leumund
Radsport-Weltverband: Keine Tour-Nachrücker für Doper Lance Armstrong
Am Ende war die Entscheidung des Radsport-Weltverbands UCI nur noch Formsache: Die Lance Armstrong (USA) wegen jahrelangen Dopings aberkannten Tour-de-France-Erfolge werden nicht den zum Teil nicht minder verdächtigen Zweitplatzierten zugesprochen. Doch noch viel mehr als die Urteil, für die Tour-Ausgaben 1999 bis 2005 keine Namen in die Siegerlisten einzutragen, interessierte die Ankündigung des arg kritisierten Weltverbandes, die Vergangenheit von einer unabhängigen Kommission aufarbeiten zu lassen. Dieses Gremium soll der UCI den derzeit kaum noch vorhandenen Leumund zurückgeben.
Es ist nicht nur eine Affäre Armstrong, sondern vor allem auch eine Affäre UCI. Verbandspräsident Pat McQuaid und dessen Vorgänger Hein Verbruggen wurden in den vergangenen Tagen heftig attackiert. Laut eines Berichts der BBC gab es auf der Sondersitzung des sogenannten Management Committee sogar Bestrebungen »von mehr als nur einem Mitglied«, Ehrenpräsident Verbruggen zum Rückzug zu drängen. Für die Forderung fand sich aber keine Mehrheit.
Das Komitee »hat erkannt, dass konsequentes Handeln notwendig ist«, wie die UCI verkündete. Der erste Schritt war die Entscheidung gegen Tour-Champions am »Grünen Tisch«. Kein Zweitplatzierter hinter Armstrong sollte nachträglich das Gelbe Trikot erhalten, denn es »bleibt ein Schatten von Verdächtigungen über dieser dunklen Ära - auch wenn es für saubere Fahrer hart ist, werden sie verstehen, dass ein Nachrücken wenig ehrenvoll wäre«. In der 112-jährigen Historie waren bislang nur von 1915 bis 1918 und 1940 bis 1946 wegen der beiden Weltkriege keine Gelben Trikots verliehen worden.
Die Tour-Organisatoren begrüßten die UCI-Entscheidung. Diese »entspricht exakt unserem Wunsch, den wir schon vor zehn Tagen geäußert haben«, teilte der Veranstalter ASO mit. Davon betroffen sind auch zwei Deutsche: Jan Ullrich, der dreimal Zweiter (2000, 2001, 2003) hinter Armstrong wurde, und Andreas Klöden, Zweiter von 2004. Beide Ex-Telekom-Fahrer waren selbst in Affären involviert, auch wenn sie Doping bestreiten.
UCI-Präsident McQuaid geht davon aus, dass der Radsport »ein völlig anderer Sport« sei als noch in den Armstrong-Jahren. »Nichtsdestotrotz haben wir die weltweiten Reaktionen in der Affäre Lance Armstrong gehört und diese zusätzlichen Maßnahmen als Antwort auf die schwerwiegenden Zweifel beschlossen«, sagte der Ire. Bis in die erste November-Woche soll eine unabhängige Behörde für die Aufarbeitungen der jüngeren Vergangenheit gefunden sein. Bis zum 1. Juni 2013 erwartet die UCI erste Ergebnisse.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA lobte die UCI für diesen Schritt. »Das Wichtigste ist nun, dass dieses Thema ein für allemal geregelt wird«, teilte die WADA mit. Luxemburgs Verbandschef Jean Regenwetter, einer der UCI-kritischsten Funktionäre in dieser Causa, meinte: »Die Ankündigungen der UCI sind erst ein Anfang, jetzt muss Tabula rasa gemacht werden.« Er wünscht sich als Untersuchungsorgan die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International.
In Genf entschied die UCI auch, von den wegen Dopings verurteilten Fahrern - also nicht nur Armstrong, sondern offenbar auch die geständigen Kronzeugen wie Tyler Hamilton, Floyd Landis oder Levi Leipheimer - die Preisgelder zurückzufordern. Allein bei der Tour hatte Armstrong rund drei Millionen Euro gewonnen.
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