Kein Tropfen Honig

Dokumentarfilm sucht nach Gründen für das globale Sterben von Bienenvölkern

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Schweizer Filmemacher Markus Imhoof verehrte seinen Großvater, der Bienen züchtete, weil sie für seine Obstplantagen lebenswichtig waren. Jahrzehnte später häufen sich die Botschaften vom Sterben der Honigbiene. Und Markus Imhoof machte sich in seinem am Donnerstag in den Kinos angelaufenen Film »More than Honey« auf die Suche nach Gründen.

»More than Honey«, mehr als Honig, liefert die Biene dem Menschen. Der aber dankt es ihr damit, dass er sie hält und handelt wie ein Massenproduktionsmittel. Nicht nur Wachs und Honig verdankt der Mensch der Biene, sondern auch die Früchte in seiner Marmelade, das Leben aller bienenbestäubten Pflanzen auf diesem Planeten. Zum Dank werden Bienenvölker gefangen, manipuliert, beraubt, verschickt, verbraucht. Das Einstein-Wort vom Sterben der Bienen, dem das Ende der Menschheit folgen werde, das Imhoofs Film voransteht, haben offenbar nur wenige vernommen.

Für »More than Honey«, seinen großen Aufklärungsfilm zum Thema Bienensterben, begab Imhoof sich auf eine Reise um die Welt, um sich das Leben der Bienen anzusehen. In Kalifornien filmte er riesige Mandelplantagen mit endlosen Baumreihen, mit Wegen für Nutzfahrzeuge, die zur Mandelernte gebraucht werden. Und für die Spritzfahrzeuge, die die Monokultur vor unerwünschten Insekten schützen sollen. Was natürlich auch an den Bienen nicht spurlos vorübergeht, die ohnehin am Stress ihres diktierten Zwangseinsatzes leiden. Mandelblüten, so weit das Auge reicht: Von hier wird ein Fünftel des Mandelbedarfs der ganzen Welt gedeckt. Die Begleitumstände können dem Zuschauer jegliches Marzipan verleiden.

Die Honigproduzenten, die in perfekter kommerzieller Symbiose mit den Mandel-Monokulturisten ihre Bienenvölker sattelzugweise ankarren, wenn die Mandelblüte ansteht, rechnen nicht in Gläsern Honig, sondern in Hektolitern. Sie sind ein offensichtliches Feindbild, wenn man den Erhalt der Umwelt im Blick hat. Dass auch kleine, unabhängige Schweizer Alpen-Imker es nicht so sehr viel besser machen mit ihren Bienen, dass sie Königinnen selektieren, Hochzeitsflüge verhindern, Bienenvölker teilen, Raubbau betreiben und damit Epidemien Vorschub leisten, auch davon kann man sich in erschreckenden Bildern überzeugen.

In China stieß Imhoof auf Obstplantagen, wo Blüte für Blüte von Menschen per Hand bestäubt werden muss, weil die Bienen indirekt ein Opfer von Maos Spatzenvernichtungskampagne wurden. Ohne Bienen aber gedeihen keine Obstbäume, also karrt man (meist weibliche) Lohnkräfte herbei, die Pollen auf den Blüten verteilen. Nur in einem Land wie China sei wohl eine Studie denkbar wie zur Frage, wer effektiver sei im Bestäuben der Blüten, kommentiert die Erzählerstimme. Und fügt mit leiser Ironie hinzu: Die Menschen konnten diesen Vergleich nicht für sich entscheiden ...

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