Vorzeige-Bäuerinopfer

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 1 Min.

Es ist eine Ironie der Geschichte: Ausgerechnet die aufgeklärten und liberalen Chefs der Verfassungsschutzbehörden wie etwa der Ex-Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Heinz Fromm oder eben jetzt Berlins Verfassungsschutz-Chefin Claudia Schmid müssen im Zuge der NSU-Skandale ihre Sessel räumen. Dabei gab es für die Juristin und ehemalige Datenschützerin Claudia Schmid viel Lob: Tapfer bemühte sie sich seit 2001, die bereits damals skandalgeschüttelte Landesbehörde zu reformieren. Ihre Arbeit brachte Schmid, die zu Zeiten ihres Amtsantritts als einzige Frau in einer solchen Position saß, einen guten Ruf ein. Schmids ruhige, sachliche und kompetente Art überzeugte. Im August 2011 wurde sie sogar als Nachfolgerin des zurückgetretenen Fromm gehandelt.

Heute, nach der Reißwolf-Affäre weiß man: Nicht alles, was glänzte, war Gold. Das Krisenmanagement Schmids zu geschredderten Akten mit möglichem NSU-Bezug kann man nur als katastrophal werten. Die 55-Jährige handelte naiv und instinktlos. Obwohl sie seit Monaten über vernichtete Akten Bescheid wusste, schwieg sie. Was wirklich in ihrer Behörde passierte, schien sie häufig gar nicht zu wissen. Und wo NSU-Bezüge auf der Hand lagen, wiegelte sie ab. Für die Opposition im Abgeordnetenhaus war die »Vorzeige-Frau« gestern dennoch eher ein klassisches Bäuerinopfer.


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