Bis zu 40 Prozent auf die neue Miete

Vermieter kassieren saftig bei Neuverträgen ab / Opposition fordert Begrenzung

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass die Mietpreise auf dem Berliner Wohnungsmarkt seit Jahren neue Höchststände erreichen, hat seine Ursache nicht allein in einer wachsenden Nachfrage. Dies geht aus den gestern veröffentlichten Zahlen des »Marktmonitor« des Verbands »Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen« (BBU) hervor. Insbesondere bei Neuvermietungen von Wohnraum verlangen Vermieter kräftige Mietaufschläge: Allein in den vergangenen fünf Jahren sind die Neuvertragsmieten im Durchschnitt um knapp ein Fünftel gestiegen.

Besonders hoch fallen die Mietsteigerungen in Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, im Norden Neuköllns und in Friedrichshain-Kreuzberg aus. Bis zu 40 Prozent Aufschlag bei Neuvermietungen waren hier in einigen Vierteln keine Seltenheit, erklärte BBU-Vorstand Maren Kern. Besonders problematisch wird es laut dem Verband, wenn Mietsteigerungen auf niedrige Einkommen treffen, wie es in Moabit und Wedding seit Jahren der Fall ist.

Um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, müsse daher dringend mehr Wohnraum geschaffen werden, mahnte Kern. Der BBU schätzt den Mehrbedarf bis 2030 auf mindestens 150 000 zusätzliche Wohnungen. In den kommenden zehn Jahren müssten jährlich mindestens 10 000 Wohnungen neu entstehen, mahnte Kern. Im Gegensatz zum großen Rest des Marktes fallen die Mieten bei den im BBU organisierten 358 Mitgliedsunternehmen, die rund 40 Prozent aller Mietwohnungen in der Hauptstadt bewirtschaften, knapp ein Drittel günstiger aus.

Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, schließt daraus, dass »für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung offenkundig auch niedriger Mieten ausreichen«, als von vielen Unternehmen auf dem Markt derzeit verlangt werden.

Laut Wild verringert die Preispolitik vieler Vermieter zudem das Angebot an größeren Wohnungen. Viele Menschen würden aus Angst vor zu hohen Neuvertragsmieten auf einen Umzug in eine kleinere Wohnung verzichten, auch wenn »weniger Zimmer oder Wohnfläche ausreichen«, erklärt Wild. Der Berliner Mieterverein fordert eine Kappung der Neuvertragsmieten durch eine Neuregelung des Mietrechts. Das Land Berlin könne in der Frage durch die Bereitstellung von Fördermitteln und beschleunigter Verwaltungsverfahren beim Bau neuer Wohnungen helfen.

Nach Ansicht von Katrin Lompscher, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der LINKEN im Abgeordnetenhaus, hat die überproportionale Erhöhung der Neuvertragsmiete nichts mit der konkreten Qualität der Wohnung zu tun. »Soziale Verwerfungen« seien die Folge steigender Mieten und knapper werdenden Wohnraumes, warnte Lompscher. Die Linkspartei setzt sich für ein Verbot von Mietpreisaufschlägen bei Neuverträgen oder zumindest für eine deutliche Begrenzung ein. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto. Mieten bei neuen Verträge sollten maximal zehn Prozent über dem Mietspiegel liegen dürfen, forderte der Wohnungsmarktexperte der Grünen.

Laut BBU zeigt sich im Nachbarland Brandenburg ein unterschiedliches Bild: Während sich Potsdam etwa auf dem Preisniveau Berlins bewege, steht anderen Regionen wie Prignitz, Uckermark, Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz eine neue Leerstandswelle bevor.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.