Überstürzter Umbau

Innenminister haben Vorschlag zum Umbau des Verfassungsschutzes auf dem Tisch

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Noch bevor die vier NSU-Untersuchungsausschüsse auch nur einen Vorschlag zur Veränderung der Sicherheitsarchitektur unterbreiten konnten, macht das Bundesinnenministerium »Nägel mit Köpfen« und will sogar Gesetze ändern.

Der Arbeitskreis IV der Ständigen Konferenz der Innenminister und Innensenatoren - er ist zuständig für den Verfassungsschutz - hat einen Entwurf zum Umbau des Geheimdienstes auf den Tisch gelegt. Darin wird der Verfassungsschutz als »eine Institution des demokratischen Rechtsstaates und als maßgebliche Bewertungsinstanz für Extremismus, Prävention und Aufklärung der Öffentlichkeit« bezeichnet. Der Geheimdienst müsse noch mehr ansprechbar sein »insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund«. Man wolle auch »stärker mit gesellschaftlichen Gruppierungen und Netzwerken zusammenarbeiten«.

Der Entwurf enthält Selbstverständlichkeiten. So habe der Verfassungsschutz eine »Informationspflicht gegenüber den parlamentarischen Kontrollgremien« und das sei eine »Bringeschuld«. Die Landesbehörden sollen verpflichtet werden, »unverzüglich alle relevanten Informationen« an das Bundesamt (BfV) zu übermitteln. Außerdem sollen die Landesämter jährlich Lageberichte zu »wesentlichen Phänomenbereichen erforderlichenfalls auch länderübergreifend« erarbeiten.

Die zentrale Auswertung aller Informationen übernimmt das Bundesamt und informiert wiederum die Landesbehörden unverzüglich über alle Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen sowie die Ergebnisse seiner Auswertung. Auch das Bundesamt erstellt regelmäßige bundesweite Lageberichte. Insgesamt, so wird unter 2.4 festgelegt, wird die Zentralstellenfunktion des BfV gestärkt. Dazu soll es durch Gesetzesänderungen zusätzliche »Koordinierungskompetenz« erhalten. »Im Falle einer gewaltorientierten Bestrebung in einem Land« soll das BfV die Möglichkeit erhalten, »einer Landesbehörde für Verfassungsschutz die eigenverantwortliche Übernahme der Sammlung von Informationen, Auskünften und Nachrichten und deren Auswertung anzubieten«.

»Hinsichtlich des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel erfolgt eine stärkere Ausrichtung des Verfassungsschutzverbundes auf gewaltorientierte Bestrebungen und Personen. Dies gilt auch für extremistische Bestrebungen und Personen, die mit ihrer Ideologie und Handlungsweise den (geistigen) Nährboden für Gewalt schaffen.« Das BfV und die Partnerdienste in den Ländern werden bei der Beobachtung extremistischer Bestrebungen »stärker arbeitsteilig vorgehen«. Es soll Veränderungen bei der Analyse- und Recherchearbeit geben. Dazu gehört die Erhöhung der Speicherfristen auf 15 Jahre. Schwammig formuliert ist die Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Polizei.

Einige Passagen betreffen den Einsatz von Vertrauenspersonen (VP). Die entsprechenden Leitlinien und Standards sollen bundeseinheitlich werden. »Beim Einsatz von VP dürfen die Zielsetzung und die Aktivitäten von beobachteten Personenzusammenschlüssen und von Einzelpersonen vom Verfassungsschutz weder unmittelbar noch mittelbar steuernd beeinflusst oder bestimmt werden.« Minderjährige und nicht voll Geschäftsfähige werden nicht angesprochen. »Grundsätzlich werden keine VP eingesetzt, gegen die wegen erheblicher Straftaten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde oder die wegen Verbrechen im Sinne des Paragrafen 12 StGB oder anderer erheblicher Straftaten verurteilt wurden.«

Die Geheimdienste wollen zudem die Führung von V-Leuten »einer engen Kontrolle und einem standardisierten Qualitätsmanagement« unterziehen sowie alle fünf Jahre die V-Mann-Führer wechseln. »Geld-, Sachzuwendungen und sonstige Leistungen« müssten nach »einheitlichen Bemessungsfaktoren« erfolgen.

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