Listiger Offensivliebhaber

Frankfurts Trainer Armin Veh hofft nach dem 4:1 gegen Werder Bremen auf einen großzügigen Chef

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.
Eintracht Frankfurt liefert beim 4:1 gegen Werder Bremen eine Reihe von Indizien, auch in der Rückrunde die Überraschung der Liga zu bleiben.

Zur Weihnachtsfeier mit ausgewählten Fanklubs sind die Profis von Eintracht Frankfurt ohne rote Mäntel und weiße Rauschebärte gekommen. Dabei wäre es gewiss eine nette Überraschung gewesen, wenn die besungenen Helden auch für den Sonntagnachmittag einfach jene Verkleidung anbehalten hätten, die ihnen an einem klirrend kalten Samstagabend im Frankfurter Stadtwald nach dem sehr ansehnlichen 4:1 (0:0) gegen Werder Bremen noch auf dem Rasen von Helfern gereicht worden waren. Die als Weihnachtsmänner verkleideten Spieler haben ein stimmiges Bild abgegeben - nicht nur Frankfurter Anhänger fühlten sich in den Zustand der vorgezogenen Bescherung versetzt.

Auch Armin Veh kam mal wieder aus dem Schwärmen nicht heraus. »Wir haben uns die Zähler nicht durch Zufall geholt«, sagte der Cheftrainer, der schon vor dem Jahres-Kehraus beim VfL Wolfsburg von einer »überragenden Hinrunde« sprach. 27 Punkte. Platz vier. Mitten zwischen den Champions-League-Giganten aus Dortmund und Gelsenkirchen. »Wie wir wieder unseren offensiven Stil durchgezogen haben«, konstatierte der 51-jährige, »das hat mir imponiert.«

In dieser Festtagsstimmung mochte hinterher nicht mal Heribert Bruchhagen den Knecht Ruprecht geben. »Die ersten drei Plätze sind vergeben«, analysierte der Vorstandschef, »aber danach ist vieles offen.« Der wertkonservative Ostwestfale, der das Ligaranking wahlweise mit Personalkostenetats oder Fernsehgeldtabellen gleichsetzt, mag das Umfeld trotz der recht bescheidenen 25 Millionen Euro Ausgaben für die Lizenzspielerabteilung nicht mehr zurechtweisen. Selbst der 64-Jährige schließt ja nicht mehr kategorisch aus, dass die Hessen zu jener Überraschungsmannschaft werden, die im vergangenen Jahr Borussia Mönchengladbach abgab. Seine einzige Einschränkung: »Bei uns muss alles zusammenkommen, damit das realistisch wird.«

Der Offensivliebhaber Veh denkt an diesem Punkt lieber defensiv. »Primäres Ziel ist, dass wir drinbleiben. Davon rücke ich nicht ab, weil ich im Fußball alles erlebt habe. Wenn mir im Winter aber etwas ermöglicht wird, wäre noch mehr möglich.« Ein listiger Einwand. Dem Coach erscheint die Personaldecke zu dünn, wie das desaströse 0:4 in Düsseldorf in der Vorwoche gezeigt habe. Doch wenn Veh seine erste Elf angreifen lässt, dann gibt es kein Halten mehr. Dass die unberechenbare Eintracht mit Alexander Meier (48.), Pirmin Schwegler (62.), Stefan Aigner (63.) und Takashi Inui (90.) erneut vier verschiedene Torschützen führte, war gewiss kein Zufall.

Und als »Zeichen von Charakter« wertete Veh den Umstand, dass die ganze Mannschaft nach dem 3:1 auf den zuletzt viel kritisierten Vorlagengeber Olivier Occean zustürmte, um Gemeinsinn zu demonstrieren. Solche Szenen zeigen nebenbei, dass sich ein Absturz wie vor zwei Jahren unter Michael Skibbe dieses Mal wohl nicht wiederholen wird. »Damals hatten wir 26 Punkte. Und als es 1:1 stand, habe ich sogar daran gedacht, dass wir mit einem Unentschieden in Wolfsburg wieder auf 26 Punkte kommen könnten«, verriet Torgarant Meier später mit einem Schmunzeln, »aber so etwas passiert nicht wieder.« Zu gefestigt sind Mannschaft und Verein mittlerweile.

Gleichwohl könnte der Klub alsbald den Preis des Erfolgs zahlen. Der unverzichtbare Antreiber Sebastian Rode hat zwar hinterher einige kesse Sprüche hinausposaunt, aber verdächtig schweigsam wird der bienenfleißige Balleroberer immer dann, wenn es um seinen immer noch nicht verlängerten Vertrag geht. Die halbe Liga soll beim 22-jährigen Rohdiamanten Schlange stehen. In der Causa Rode legt sich Bruchhagen indes seit Monaten fest - dieser Profi ist auch im nächsten Sommer unverkäuflich und geht 2014 notfalls eben ablösefrei. Bruchhagen zieht gerne eine weitere Parallele zum Vorjahresvierten. »Die Mönchengladbacher haben Marco Reus verkauft. Und was ist danach passiert? Damit ist uns also nicht geholfen.«

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