Faust und Mephisto an der Strippe
»Das also war des Pudels Kern!«; »Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält.«; »Oh, Heinrich mir graut vor dir!« - Faust in 60 Minuten, alle wichtigen Zitate werden gesagt, rezitiert, gebrüllt, gesäuselt (Gretchen). Faust: ein Ein-Mann-Stück. Ein Mann lässt die Puppen tanzen. Die das Theaterstück beim Wort nehmende Vorstellung, dass Goethes gequälter Doktor Faustus selbstgeschnitzte Puppen durch die verräucherte Laborstube fliegen lässt und mit niemandem als sich selbst spricht, macht besonders viel Spaß.
Karl Huck, diplomierter Puppenspieler, gab am Vorweihnachtswochenende in der Berliner Schaubude den Faust und zog die Fäden von Mephisto, Wagner, Gretchen und Mephistos gehörnten Gehilfen. Unter Regie von Holger Teschke entstand eine Faust-Version, in der neben den bekannten Gestalten auch der Theaterdirektor und die hauseigene Kantine eine Rolle spielen.
Auf der kleinen Bühne flammt, qualmt, singt und tanzt es. Faust mit schweren Schultern im Sessel, oder vor seinem Arbeitstisch, in sich versunken sinnierend über den Sinn des Lebens. Mephisto als Kahlkopf im roten Frack spielt seine Spielchen. Sieht sich plötzlich von Fausts Hand gepackt und schließt einen Pakt mit ihm. Wagner, sächselnd, schlittert übers Klavier, will es seinem Meister nachtun, liest in dessen Buch, findet einen Zauberspruch, und schon kommt an Fausts zweiter Hand ein gehörnter Kobold angeschwebt. Diesen fordert Wagner auf, ihm einen »günstlischen« Menschen zu machen.
Karl Huck, der hier mit Perücke und halber Maske auch die Hexe gibt, ist ein Meister seiner Zunft. Die Puppen (Kostüme: Katharina Schimmel) unter seinen Händen werden lebendig. Und es braucht auch keinen besonderen Dialekt, um jedem Charakter seine eigene Stimme zu verleihen, das schafft Huck mit Modulation und Sprachmelodie spielend. Die 60 Minuten sind viel zu schnell vorbei, Mephisto und Faust aus dem Kerker geflohen - doch eigentlich wünscht man sich einen zweiten Akt.
Der Huck'sche Faust tourt als Gastspiel durch die Lande: Zwischen Mai und Oktober ist der Puppenmeister auf der Insel Hiddensee zu finden, genauer in der »Seebühne« in Vitte. 1990 gründete Huck im Berliner Bezirk Pankow das Homunkulus-Figurentheater. Aus diesem ist ein paar Jahre später die »Seebühne« entstanden.'
Infos und Gastspiele: www.hiddenseebuehne.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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