Verletzung, Belgien, Rücktritt
Unter den deutschen Biathleten suchen Fans vergeblich ihre alten Helden - die Jungen haben sie endlich verdrängt
Die heutige Besetzung der deutschen Biathlonstaffel in Oberhof wäre noch vor wenigen Jahren kaum denkbar gewesen: Simon Schempp, Erik Lesser, Arnd Peiffer und Andreas Birnbacher. Kein Alexander Wolf oder Michael Rösch, kein Christoph Stephan oder Michael Greis, und trotzdem hat die deutsche Mannschaft bessere Chancen auf den Sieg als in manch anderem Jahr zuvor. Der Generationenwechsel, der den deutschen Frauen nach vielen prominenten Abgängen noch nicht so recht gelingen mag, ist bei den Männern abgeschlossen.
Erik Lesser etwa ist jahrelang im IBU-Cup gelaufen, der zweiten Liga des Biathlon. Er bekam immer mal eine Chance im Weltcup und stieg dann doch wieder ab. Meist war er zu schwach, selbst wenn die Konkurrenz der Altgedienten nicht zu stark war. Nun hat Lesser den Sprung aufs Weltcuppodest geschafft und ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken. »Dabei bin ich im Weltcup noch gar nicht richtig angekommen. Für mich ist alles noch ziemlich neu«, sagt Lesser. Trotzdem ist von Lampenfieber vor seinem ersten Heimweltcup mit starkem Wind am Schießstand und tiefem nassen Schnee in der Loipe nichts zu spüren. »Ich trainiere hier das ganze Jahr und kenne die Bedingungen. Nebel ist Nebel. Wenn man nichts sieht, sieht man nichts. Und man muss nicht bei jeder Böe gleich am Diopter drehen. Das habe ich in den Jahren gelernt.«
Dafür fehlen in Oberhof nun große Namen der Vergangenheit. Olympiasieger Rösch kämpft um die belgische Staatsbürgerschaft, um so im Weltcup starten zu dürfen. Stephan, auch mal Vizeweltmeister, schafft nach einer Verletzungspause nicht den Wiederaufstieg aus dem IBU-Cup. »Er schießt stehend zu oft daneben. Da drängen sich andere, jüngere Athleten auf«, sagt Disziplintrainer Mark Kirchner. Wolf, ebenfalls Medaillengewinner auf Weltniveau, dümpelt nach einem Seuchenjahr im Deutschlandpokal herum. »Da müsste er dominieren, doch unsere Junioren halten mit ihm mit«, berichtet Kirchner.
Wolf kämpft weiter, auch wenn Kirchner kaum noch an dessen Rückkehr auf die große Bühne glaubt und ihm sogar den Rücktritt nahelegt. »Ich habe ihm schon im Frühjahr gesagt, dass es für ihn in diesem starken Team sehr schwer wird. Manchmal braucht jemand, dem es schwerfällt, diesen Schritt zu gehen, auch eine neue Motivation für das Leben nach dem Sport«, so Kirchner.
Diesen Schubs hatte Michael Greis nicht mehr gebraucht. Der Olympiasieger schaffte zwar die Weltcupqualifikation, um dann aber schnell zu merken, dass es für Siege nicht mehr reicht. Er trat kurzerhand zurück, weil er jungen Athleten nicht mehr die Startplätze wegnehmen wollte. Die hatten sie längst schon selbst erkämpft.
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