Medaillen, Medaillen, Medaillen
Vier Siege in Oberhof für russische Biathleten, die vor Olympia in Sotschi großen Druck verspüren
»Ich habe eine gute Mannschaft zusammen, aber mir fehlt eine Rakete wie Miriam Gössner«, sagte Wolfgang Pichler am Samstagabend im Rahmen des Biathlonweltcups in Oberhof. Der Trainer der Russin Olga Saizewa war zwar nicht im Saal, sie fühlte sich aber offenbar trotzdem angestachelt von seinen Worten. 18 Stunden später gewann sie das Verfolgungsrennen. Eineinhalb Minuten war sie dabei schneller als erwähnte Gössner, die am Samstag noch den Sprint dominiert hatte. Zugegeben: Gössner musste am Sonntag sieben Strafrunden mehr laufen als Saizewa. Aber Biathlon besteht nun mal aus zwei Disziplinen: Laufen für Raketen und Schießen für den Rest.
Saizewas Erfolg rundete ein starkes russisches Wochenende ab. Schon die Männerstaffel hatte gewonnen gefolgt von zwei Doppelsiegen durch Dmitri Malischko und Jewgeni Garanitschew in den Einzelrennen. Trotzdem nutzte Saizewa den Moment zum Generalangriff auf den eigenen Verband: »Von mir werden aus dem Umfeld ständig Siege erwartet. Und das von Leuten, die keine Ahnung haben, welch harten Job wir hier machen.« Pichler nahm sie von der Kritik ausdrücklich aus. »Ich glaube an Pichler, egal welche Diskussionen es um ihn zur Zeit gibt. Die stören ohnehin nur unsere Vorbereitungen«, stellte sich Saizewa gegenüber »nd« eindeutig hinter ihren Trainer, dessen Ablösung in Russland immer wieder gefordert wird.
Auch Pichler selbst macht sich hier und das gern über die Vorstellungen seiner Vorgesetzten lustig. »Im vergangenen Jahr wollten wir den Nationencup holen und schafften das nach vielen Jahren erstmals wieder. Das hat die Oberen aber nicht interessiert. Die wollen nur Medaillen«, sagte Pichler. »Also gilt nun die Konzentration der WM in Nove Mesto. Und natürlich Olympia in Sotschi. Da werden wir dann schon ein paar Medaillen holen.« Russischen Journalisten gegenüber sagte er dann nach Saizewas Sieg auch lieber: »Der ist schön für das Selbstvertrauen. Sie ist taktisch sehr gut gelaufen. Aber ich weiß: Die WM im Februar ist wichtig.«
Bis dahin ist zwar noch etwas Zeit, aber die Russen scheinen auf einem besseren Weg als im Vorjahr, als in Ruhpolding gerade mal zwei Bronzemedaillen heraussprangen. »Die Leute im Verband müssen aber endlich erkennen, dass es nicht so einfach ist, Medaillen zu gewinnen«, sagte Pichler - ohne russische Kollegen in der Nähe. Die Erkenntnis wird schwerfallen bei sieben Medaillen in sechs Rennen von Oberhof.
Außerdem nähert sich Olga Saizewa auch läuferisch langsam den »Raketen«. »Meine Form wird immer besser, doch ich bin noch längst nicht da, wo ich schon mal war«, sagte die 34-Jährige. »Ich lasse mich aber nicht mehr unter Druck setzen. Ich gehe jedes Rennen ganz normal an. Auch bei der WM. Auch bei Olympia.« Zumindest beim Weltcup in Oberhof hat die Taktik schon gut funktioniert.
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