Union plündert Mannschaftskasse für Fans
Der Köpenicker Zweitligist und sein Anhang sind gemeinsam im Trainingslager
Die Party ging bis in die frühen Morgenstunden des Sonntags. Spieler und die zahlreich mitgereisten Fans des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union Berlin ließen sich beim gemeinsamen Barbecue im Hotel Precise Resort El Rompido in Spanien gegrillte Delikatessen, Bier und Wein schmecken. Die Fußballer zeigten sich spendabel und plünderten dafür ihre Mannschaftskasse. Drei Stunden lang tranken Fans und Ultras auf Kosten ihrer Lieblinge.
In Südspanien, wo die Mannschaft von Trainer Uwe Neuhaus heute das einwöchige Vorbereitungscamp beenden wird, waren die Union-Sympathisanten ganz dicht dran am Team. Natürlich feuerten die rund 100 Anhänger ihr Team bei den drei Testspielen gegen den spanischen Zweitligisten Recreativo de Huelva (1:1), den niederländischen Erstligisten FC Utrecht (2:0) und den deutschen Drittligisten SV Wehen Wiesbaden (3:0) stimmgewaltig an. Im Anschluss verstreute sich die Union-Familie aber nicht. Viele der Fans wohnen auch im Teamhotel.
Union hatte rund 1000 Euro teure Reisepakete angeboten. Im Hotel liefen sich Kicker und Fans regelmäßig über den Weg. Am Abend kehrte aber nur bei den Spielern schnell Ruhe ein. Unions Fanbeauftragter Lars Schnell wurde einige Male aus dem Bett geklingelt, um seine Schäfchen zu bändigen. »Die Situation mit den Fans im Hotel war angenehm. Ich habe keinen Lärm gehört, obwohl das eine oder andere Mal nachts gute Stimmung gewesen sein soll«, sagte Neuhaus.
Ihren Spaß hatten vor allem die Ultras. Beim Test gegen Utrecht, wo einige von ihnen den Gegner unnötig und unsinnig als »schwule Holländer« tituliert hatten, zeigten sie in der Pause eine Pyroshow. Die dafür notwendigen Feuerwerkskörper sollen sie sich in Spanien besorgt haben. Mit dem Flugzeug aus Deutschland wäre der Transport wohl unmöglich gewesen. Bei der Partie gegen Wiesbaden rannte ein nur im Gesicht verhüllter Flitzer splitternackt auf den Rasen, um Mittelfeldspieler Christoph Menz die Hand zu schütteln. Das Gelächter von Zuschauern und Mitspielern war riesig. Der junge Mann, der durch eine Wette zum Entblößen motiviert wurde, hat wohl ganz gut Kasse gemacht. Auch Kapitän Torsten Mattuschka legte zehn Euro drauf.
Zu diesem Zeitpunkt stand mit Christopher Quiring ein Fußballer auf dem Platz, der aus seinen Sympathien für die Ultraszene der Köpenicker kein Geheimnis macht. Der 22-Jährige stand früher selbst auf der Waldseite im Stadion An der Alten Försterei. Auf einer Wade trägt er eine Tätowierung von Unions Ultragruppierung Wuhlesyndikat. »Ich bin kein aktiver Ultra, kenne aber die Leute. Ich war Jahre mit ihnen unterwegs und mache was in der Freizeit mit ihnen«, sagte Quiring.
Seine Solidarität mit der Szene, die bei Union für bunte Choreographien und laute Stimmung sorgt, zeigte Quiring ganz deutlich am letzten Spieltag vor der Winterpause. Nach dem 3:4 in Braunschweig zeigte sein Unterhemd die Aufschrift »Ultras sterben nie!!!« Quiring stellte sich in den Wochen, als DFB und DFL besonders im Konflikt mit den Ultras standen, auf die Seite letzterer. »Ich wollte sie unterstützen. Es gab Wochen zuvor viele Misstöne. Die Hauptstimmung im Stadion kommt eben von den Ultras«, sagte Quiring.
Bisweilen muss aber auch Quiring seine Grenzen abstecken. Als ein Ultra ihn nach dem gemeinsamen Foto von Spielern und Fans nach der Partie gegen Wiesbaden in den Schwitzkasten nahm, streckte Quiring den Widersacher durch Beinstellen gekonnt zu Boden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.