Halb zufrieden, halb sauer

Bahn veröffentlicht Mitarbeiterbefragung

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine aktuelle Mitarbeiterbefragung bei der Deutschen Bahn wird von Konzern und Gewerkschaft ganz unterschiedlich bewertet. Angesichts der gerade beginnenden Tarifverhandlungen überrascht dies nicht.

Ist das Glas halb voll oder halb leer? Die Interpretationen der jetzt veröffentlichten Ergebnisse einer Umfrage unter den 300 000 Mitarbeitern der Deutschen Bahn gehen weit auseinander. Die Zufriedenheit liege über dem Mittelwert, lobt die Konzernspitze. Nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten gehe motiviert zur Arbeit, teilt dagegen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit. Deren stellvertretender Vorsitzender Klaus-Dieter Hommel ergänzt: »Gerade einmal 54 Prozent der Mitarbeiter sehen ihre Arbeit als ausreichend geschätzt an. Angesichts des Umstandes, dass sich viele Eisenbahner mit dem Unternehmen sehr verbunden fühlen, sind solche Aussagen schon sehr bedenklich.«

Der Bahnvorstand weist auf die »ausgesprochen hohe Beteiligung« von 61,4 Prozent hin und wertet dies als »großes Mitgestaltungsinteresse der Belegschaft«. Mag sein, dass viele Mitarbeiter am Willen von Vorstandschef Rüdiger Grube nicht zweifeln, für eine bessere Unternehmenskultur einzutreten. Tatsächlich hat sich etwas geändert: 2002 bei der vorherigen Befragung unter Bahnchef Hartmut Mehdorn wurden die Ergebnisse gar nicht erst bekannt gegeben, so schlecht sollen sie ausgefallen sein.

Jetzt erfahren wir von der DB: Zwei Drittel der Befragten seien stolz, bei der Deutschen Bahn zu arbeiten, und zufrieden mit ihrer Arbeit, jeder zehnte sei es nicht. 82 Prozent der Befragten sagten, ihr Aufgabengebiet entspreche ihren Fähigkeiten. 56 Prozent würden Freunden ihren Arbeitgeber empfehlen, 19 Prozent nicht. Zwei Drittel seien optimistisch, was die Zukunft des Konzerns angehe.

Für die Gewerkschaft EVG ist es dagegen nicht hinnehmbar, dass fast jeder zweite Mitarbeiter klagt, es werde nicht ausreichend Rücksicht auf die körperliche und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz genommen. Der Leistungsdruck steige, es werde auf Verschleiß gefahren. Und nur gut ein Drittel sei mit der Bezahlung zufrieden. Außerdem steige der Frust, weil die Kommunikation mit Führungskräften nicht klappe. Die Beschäftigten wollten stärker mitentscheiden, hätten aber den Eindruck, auf ihre Vorschläge und Erfahrungen werde kein Wert gelegt.

Mit Rabulistik versucht die Bahn, solche Kritik in Zusage zu verwandeln: »Weniger als 40 Prozent empfinden die Kommunikation im Konzern als offen und ehrlich.« Immerhin räumt man ein, dass nur jeder Dritte die Belange der Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungen berücksichtigt.

In den nächsten Monaten veranstaltet die Bahn rund 7500 Workshops allein in Deutschland, auf denen die Ergebnisse diskutiert werden sollen. Ob solche Palaver-Werkstätten helfen? Wie wäre es, wenn die Hauspostille »DB-Welt« statt immerschöner Erfolge mehr die Wirklichkeit abbildet?

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