Kein Wunder in der Wüste

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.

Mindestens 27 Geiseln starben am Samstag in Algerien. Fast 800 konnten gerettet werden. Eigentlich ein Grund, die algerische Armee zu feiern. Doch dafür hatte das Gros der Überlebenden zu dunkle Haut.

„Geiselnahme in Algerien endet blutig“, meldet die FAZ nachdem die algerische Armee am Samstag das Gasfeld Ain Amenas gestürmt hatte. Ein „Blutbad“ habe sich ereignet, berichtet das Schweizer Radio und BILD fragt: „Hat die algerische Armee die Geiseln auf dem Gewissen?“

Welches Massaker muss dort angerichtet worden sein, welche schießwütigen Dilettanten da den Finger am Abzug gehabt haben, mag sich der uninformierte Zeitungsleser denken. Dabei deuten die Zahlen, die das algerische Innenministerium veröffentlichte, auf alles andere hin als einen Fehlschlag. Demnach befanden sich über 800 Geiseln zumindest zeitweise in der Gewalt der Entführer. Lässt man außen vor, dass die Tötung von „extremistischen“, „terroristischen“ oder „islamistischen“ Menschen sowieso als Erfolg bewertet wird, bleiben 27 Geiseln, die vor oder während der Operation starben. 792 konnten hingegen fliehen oder wurden von Soldaten befreit. Die Erfolgsmeldungen blieben trotzdem aus. Die Gründe: Die ungünstige Verteilung der Nationalitäten und der Rassismus der Medien. Denn unter den Überlebenden befanden sich vor allem algerische Arbeiter. Unter den Toten hingegen: sieben Arbeiter aus westlichen Ländern.

Man stelle sich die Situation einfach umgekehrt vor: Die Rettung von fast 800 Europäern, Amerikanern und Japanern würde als „Wunder in der Wüste“ zelebriert werden. Der Tod von sieben Algeriern – allenfalls ein tragischer aber gerechtfertigter Preis. Politiker würden Glückwunsch-Telegramme nach Algier schicken, Kommentatoren Professionalität und Effizienz der algerischen Spezialkräfte loben. So bleibt die einzige Erfolgsmeldung „Keine Deutschen unter den Opfern“ und außerdem die zynische Gewissheit, dass die Geiselnahme in vielen Medien so endete, wie sie die Islamisten begannen: mit der Separierung vermeintlich ungleichwertiger Menschen.

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