Im Parterre
Wolfgang Hübner über den Rückschlag der LINKEN West bei der Niedersachsen-Wahl
Großprojekte, das wissen wir aus leidvoller Erfahrung, haben ihre Tücken. Sie brauchen mehr Zeit als gedacht; kosten mehr Geld als veranschlagt; und irgendwann entwickeln sie ein Eigenleben, das vor allem aus Trotz gegen jegliche Planung zu bestehen scheint.
Die Linkspartei macht diese Erfahrung gerade wieder. Eine Partei unter den Bedingungen gnadenloser Konkurrenz zu einer festen Größe in der Bundespolitik zu entwickeln, sie so weit zu etablieren, dass selbst Skeptiker sie als dazugehörig akzeptieren - das ist ein wahres Großprojekt. An ihm arbeitet die LINKE, vormals PDS, seit gut 20 Jahren. Mit tendenziell leicht wachsendem, gleichwohl wechselhaftem Erfolg. Der Ostflügel ist inzwischen leidlich saniert. Im Westflügel dagegen mehren sich nach zügigem Baufortschritt die Problemfälle. Nach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hat die LINKE nun schon die dritte Landtagsfraktion in Folge verloren. Das Haus der Partei wird von unten gebaut, umschrieben die Genossen in den 1990er gern die Mühen des Aufbaus West. Architektonisch eine Binsenweisheit, politisch ein Hinweis darauf, dass eine Konstruktion ohne solide Basis nicht viel taugt.
Im Jahr 23 der Einheit, im Jahr sechs ihrer Existenz steckt die LINKE West immer noch im Erdgeschoss. Die Bundestagswahl bietet die Chance, tragende Wände zu stabilisieren. Die mühselige Kleinarbeit vor Ort kann sie nicht ersetzen. So lange ihre Basis nicht stark genug ist, werden Landesverbände von bundespolitischen Schwankungen abhängig sein - auch auf die Gefahr des Scheiterns.
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