Bloß die Spitze eines widerlichen Eisberges

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

"Women should be loved. The way Adam should have loved Eva." tönt das Intro zu einem Song von Black Label Society aus meinen Kopfhörern. U-Bahn, morgens, Weg ins Büro. Zum Frühstückskaffee schon die neuesten Tweets gelesen, die wie unregelmäßig aufploppende Blasen ihre Sexismus-Referenz rausplatzen, seit es im Spiegel um den Sexismus bei den Piraten ging. Seitdem Kommentare und andere Artikel beobachtet. Dann das Debakel um Brüderle nicht verstanden. Seit ein paar Wochen also immer wieder mal drüber nachgedacht, ob es in meinen Fingern kribbelt, dieses Thema, das zu diesem Blog und seinen dünnen roten Faden eigentlicht ganz gut passt, aufzugreifen oder nicht.

Ich arbeite (ebenfalls) in einem Männerbüro. Gehöre zu diesen jungen Redakteurinnen, die in einer Männerdomäne gelandet sind und sich mit den unterschiedlichsten ... Dingen konfrontiert sehen.

Grabbeleien und derlei Belästigungen sind mir bisher erspart geblieben. Gottseidank. Geschlechtsspezifische Äußerungen beschränken sich darauf, dass ich ja schließlich über Putzwerkzeuge bescheid weiß, mich doch fürs Blumengießen verantwortlich fühle, und mich doch mit diesen Plastedosen auskenne. Du bist doch 'ne Frau, du weißt doch wie man Tupper schreibt!? Ich ärgere mich über solche Äußerungen immer noch, keine Ahnung, wieso; auch wenn ich sie wohl nicht mehr so ernst nehme wie am Anfang meines Berufslebens.

Sexismus? Im Arbeitsalltag?

Vermutlich hat mich dieses Thema bisher nicht wirklich gereizt, weil mir selbst höchstens ein trockenens Lachen im Halse klemmt.

Ich verstehe die Aufregung um all diese Artikel, diese Berichte nicht. Sie ist falsch und leer und scheinheilig hoch zehn - und deswegen nichts anderes als höhnisch.

Wenn ich mich mit diesem Thema ernsthaft und nicht nur sarkastisch und ablehnend-spöttisch beschäftigen würde, ich würde Gift und Galle spucken. Sexismus? Im (journalistischen) Arbeitsalltag? Dafuq!

Erzählt mir was Neues, ich bitte euch.

Schon in der vorsichtigen Debatte anlässlich besagter Schlagzeilen stößt es einem sauer auf. Sich über Sexismus aufzuregen, zu ärgern und ihn zu kritisieren hat verdammt noch mal mit Femismus oder feministischen Tendenzen nichts zu tun!

Lasst doch gefälligst dieses scheinheilige Getue, es gehe in der hochgekochten Debatte um die persönliche Beleidigung einiger weniger Männer, beiseite. Und seht die An- und Vorwürfe als das, was sie sind! Nämlich als Spitze eines widerlichen Eisberges.

Kein x-Chromosom der Welt rechfertigt Sonderbehandlung, geringeres Gehalt, Tittenfokus o. -bonus, Samthandschuhe, Herablassung, Gegrabsche, Abgetrieben werden, Kleiderordnungsvorwürfe and/or godknowswhatelse.

Ich bin achtundzwanzig Jahre alt. Ich gehe nicht davon aus, dass ich es noch erleben werde, dass es scheißegal ist, wer welchen Chromosomensatz hat. Aber es wäre schon verdammt gut, wenn wenigstens so Ekelkram wie solche Focustitelseiten abgeschafft würden. Oder die Produktion von pinkfarbenen Ü-Ei-Sondereditionen. Oder beknackte Werbung für echte, echte Nachrichtensendungen. Oder Krankenkassen. Oder dämliche Talkrunden nach dem Tatort. Oder...

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