Im Schnellzug zum Sorgerecht
Kritiker: Neue Regelungen gefährden Kindeswohl
Berlin (nd-Ottow). Das neue Sorgerecht für Kinder unverheirateter Eltern wird nach Meinung der liberalen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dem gesellschaftlichen Wandel gerecht. Immer mehr Kinder würden in nichtehelichen Beziehungen geboren, sagte die Ministerin am Donnerstag in Berlin. »Endlich gelingt es jetzt, dem Vater eine bessere Stellung zu geben, damit auch er das Sorgerecht mit oder allein ausüben kann.« Sie sprach von einem guten Kompromiss, der am Donnerstagabend im Bundestag verabschiedet werden sollte, Kritiker nennen es Schnellverfahren oder Hauruck-Aktion.
Künftig soll mit der Geburt die Mutter zwar die alleinige Sorge haben, muss aber binnen sechs Wochen zu einem Sorgerechtsantrag des Vaters Stellung nehmen. Streitfälle soll ein Familiengericht nach Aktenlage entscheiden. »Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt«, betonte die Ministerin, und verwies darauf, dass der Vater eine verfassungsrechtliche Stellung habe, sich um sein Kind zu kümmern. Daher sei es nötig, den jetzigen ungeregelten Zustand zu beenden, den sie für ungeregelt hält.
Die Neuregelung soll voraussichtlich im Sommer in Kraft treten. Burkhard Lischka von der SPD-Bundestagsfraktion bemängelt, dass künftig im Regelfall über das Sorgerecht und damit über das Kindeswohl im vereinfachten, schriftliche Verfahren entschieden wird. Familienrichter lesen den Antrag des Vaters sowie die Antwort der Mutter und sollen eine weitreichende Entscheidung über das künftige Sorgerecht treffen. So könne man mit dem Kindeswohl nicht umgehen. Kritik kommt auch von der Diakonie, dem Alleinerziehenden-Verband und aus der Justiz.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.