Nur mitlaufen reicht nicht
Biathletin Andrea Henkel stand oft vor dem Karriereende, nun hängen alle Hoffnungen an ihr
»Ein bisschen Druck hatte sich schon aufgebaut«, gab Andrea Henkel nach ihrem Silberlauf im Einzelrennen der Biathlon-WM zu. »Die Chancen auf Medaillen schwinden, und schneller als man denkt, ist die WM vorbei.« Die Chance am Mittwochabend hatte die 35-Jährige mit 20 perfekten Schüssen genutzt. Doch für Henkel soll es nicht die letzte gewesen sein. »In der Staffel will ich noch eine Medaille«, schaute sie auf den heutigen Wettkampf voraus.
Dann wird es wieder auf gute Schießleistungen ankommen. Die letzten 40 Schüsse von Henkel landeten alle im Ziel, doch die Teamkolleginnen patzten oft. »Einzelergebnisse zählen nicht mehr«, sagte Henkel. Das sahen die Trainer aber etwas anders und sortierten Nadine Horchler nach schwachen Laufleistungen aus. Sie wird von Juniorenweltmeisterin Laura Dahlmeier ersetzt, die eigentlich nur als Ersatzfrau nach Nove Mesto na Morave angereist war. Die 19-Jährige startete noch nie im Weltcup, »aber bei den Juniorinnen war sie sehr schnell. Wir glauben, dass sie auch bei den Frauen mithalten kann«, hoffte Bundestrainer Uwe Müssiggang.
Konstant gut zeigte sich in den letzten Rennen ohnehin nur Andrea Henkel, die derzeit ihren dritten Frühling erlebt. »Ich habe mit der Einzelmedaille geschafft, was ich mir seit 2008 vorgenommen habe.« Fünf Jahre lang hatte Henkel nur in Staffeln Edelmetall gewonnen. Zu wenig für eine Olympiasiegerin. »Ich will nicht nur mitmachen, ich will um Medaillen mitkämpfen. Das bleibt das Ziel auch nach all den Jahren«, sagte Henkel, die ihr Weltcupdebüt schon 1995 gefeiert hatte.
Nach dem Olympiasieg 2002 fiel Henkel in ein tiefes Loch, durfte bei der Heim-WM 2004 in Oberhof nur einmal starten. »Ich dachte: Bis 2006 kneife ich die Arschbacken zusammen. Wenn es nicht funktioniert, muss ich mir nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben.« Zwei schlechten Jahren folgten Olympiamedaillen, WM-Titel und Gesamtweltcupsiege. Also machte sie weiter.
Als die Weggefährtinnen Wilhelm, Hauswald und Beck ihre Karrieren beendeten, dachte auch Henkel wieder darüber nach. »Es macht doch aber noch Spaß«, sagte sie sich. Also machte sie weiter. Neue Trainingsreize im US-Team ihres Freundes Tim Burke halfen über Tiefpunkte hinweg. »Und mein Englisch wurde auch besser«, so Henkel.
Nach Olympia 2014 in Sotschi soll aber endgültig Schluss sein. Einen harten Trainingssommer muss sie also noch durchstehen. »Ich habe immer noch Spaß am Biathlon. Daraus ziehe ich meine Motivation. Und so eine Medaille hilft auch immer weiter.«
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