Hessens lupenreine CDU-Demokraten und die linke Gefahr

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Telefondienstleister Vodafone will zum 1. April knapp 400 Arbeitsplätze vom hessischen Eschborn nach Düsseldorf verlagern. Viele Beschäftigte können freilich nicht einfach umziehen, ihnen droht also die Kündigung. Familien sind in ihrer Existenz bedroht, und das, obgleich der Betriebsrat dargelegt hat, wie man die Jobs erhalten könnte. Zumal: Bei dem Betrieb handelt es sich um einen privatisierten Teil der Deutschen Bundesbahn. Ein nicht eben ungewöhnlicher Anlass für Parteien, nach politischen Lösungen zu rufen.

Die SPD fordert ein Standortsicherungskonzept. „Der Erhalt hochqualifizierter Arbeitsplätze ist nicht nur für Eschborn, sondern für ganz Hessen von großer Bedeutung“, meint auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche. Und der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Ulrich Wilken, kritisiert, dass der Stellenabbau „ohne die betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen seitens des Arbeitgebers vollzogen werden“ solle.

Soweit so gut. Dass es in diesem Fall einen gemeinsamen Auftritt von SPD, Grünen und Linkspartei mit dem Eschborner Vodafone-Betriebsrat gab, lässt vielleicht angesichts der bundespolitischen Abgrenzungsrituale mancher Parteioberen aufmerksam werden. Angesichts der rot-rot-grünen Vorgeschichte sollte solcherart Kooperation zumindest in Hessen aber keine Überraschung sein. Zumal: Es geht nicht um parteipolitisches Karo, sondern um die Zukunft von einigen hundert Menschen, also eine große Sache.

Die hessische CDU, dafür einschlägig bekannt, macht trotzdem einen kleinen Kalten Krieg daraus. Der für das Denken in den Kategorien der Vergangenheit zuständige Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Landtag, Holger Bellino, warf SPD und Grünen umgehend vor, den „demokratischen Grundkonsens“ aufzukündigen, „ein weiteres Tabu zu brechen“, nämlich „ausdrücklich mit der Stasi-Nachfolgepartei“ für die Zukunft zu planen und das natürlich: „hemmungslos“.

Über den demokratischen Grundkonsens der hessischen CDU könnte man an dieser Stelle lange diskutieren. Schwarze Kassen, rassistische Ausfälle im Wahlkampf und so fort. Die Partei war in den vergangenen Jahren viel damit beschäftigt, Dossiers über die politische Konkurrenz links von ihr anzulegen, sie hat lupenrein demokratische Kampagnen gefahren, um „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten“ zu „stoppen“. Und die alte Platte, derzufolge man „nicht mit extremistischen Parteien zusammenzuarbeiten“ dürfe, spielt ohne Unterbrechung in der Landesgeschäftsstelle. Die übrigens nach dem Oberdemokraten Alfred Dregger benannt ist, der einmal meinte, dass Hitlers Angriff auf die Sowjetunion nicht grundsätzlich falsch gewesen sei. Vom Abgrenzungskonsens hielt der Mann so viel, dass er gemeinsame Aufrufe mit dem Republikaner Franz Schönhuber, dem FPÖ-Geisterfahrer Jörg Haider und dem rechten Verleger Gerhard Frey unterzeichnete.

Und die Jobs in Eschborn? Die scheinen die CDU nicht sonderlich zu interessieren. Vor lauter Empörung über den rot-rot-grünen Tabubruch, der keiner ist, ist der CDU dazu bisher nicht viel eingefallen. „Ihre angebliche moralische Entrüstung“, kritisieren die Grünen, könne sich die Union noch aus einem anderen Grunde sparen: Denn den Konsens, den Bellino hier gegen die bösen Linksextremisten zu verteidigen sucht, nimmt die Partei offenbar nicht einmal selbst ernst: Im Juli 2011, daran erinnert der grüne Parlamentsgeschäftsführer Mathias Wagner, „hatten alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam zu Stellungnahmen“ eingeladen - CDU und Linkspartei inklusive.

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