Kandts Muskelspiele

Martin Kröger 
zur Aufarbeitung der Zwangsräumung

  • Lesedauer: 2 Min.

Um es gleich vorwegzunehmen: Natürlich ist die Einschätzung von Berlins neuem Polizeipräsidenten Klaus Kandt, dass die rund 1000 widerständigen Menschen bei der Zwangsräumung in Kreuzberg alle mehr oder weniger »gewaltbereite Linksextreme« waren, Unsinn. Es befanden sich unter den Protestierenden zwar auch viele Linksradikale und Autonome, aber genauso waren Familien, Nachbarn und Anwohner auf der Straße.

Dass der Polizeipräsident diese soziale Mischung der Proteste nicht erkennt, kann indes nur einen Grund haben: Offenbar macht sich der von vielen gelobte Polizeiführer bei einem solchen Großeinsatz gar kein eigenes Bild vor Ort, sondern lässt stattdessen vom Schreibtisch aus einen Hubschrauber kreisen und 800 Polizisten wegen einer versäumten Frist bei Mietrückständen in drei Bezirke ausrücken.


Nun ist Kandt noch nicht einmal hundert Tage im Amt. Er muss sich erst einarbeiten, heißt es. Man kann nur hoffen, dass ihm das schnell gelingt. Denn mit Kraftmeierei und Muskelspielen sowie einer Rhetorik in Bezug auf Demos à la »Es gelang, größere Personengruppen zu selektieren«, wird sich der neue Polizeichef in Berlin keine Freunde machen. Dabei schien es, dass solch gruselige Haudrauf-Rhetorik längst überwunden ist. Mit den deeskalativen, modernen Strategien der vergangenen Jahre hat so etwas jedenfalls nichts zu tun. In Bezug auf den 1. Mai lassen Kandts Töne nichts Gutes erwarten.

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