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Kein Ende der Monokultur

Zum Schluss gewinnt zur Abwechslung ein Schwede, Norwegen bleibt übermächtig

Mit einem schwedischen Sieg gingen gestern die Nordischen Skiweltmeisterschaften im Val die Fiemme zu Ende. Im abschließenden 50-Kilometer-Lauf gewann Johan Olsson die ersehnte Goldmedaille für seine Mannschaft, die bei diesen WM noch titellos geblieben war. Norwegens Überlegenheit bleibt frappierend.

Sollte man zur Nordischen Ski-WM künftig besser Norwegische Ski-WM sagen? Die Dinge beim Namen nennen? Nicht nur der Medaillenspiegel zeugt von der Allmacht des »Norge Skiforbundet«. Nicht nur die vierte Goldmedaille für Langläuferin Marit Björgen am Samstag über 30 Kilometer, die damit die erfolgreichste Athletin dieser WM war.

Auch ein Blick auf die Zuschauerränge dieser WM ergab ein deutliches Bild. Außer den Norwegern, von denen mehr als 5000 zu den Titelkämpfen in die Dolomiten gereist waren, waren praktische keine ausländischen Fans auszumachen. Bei den abendlichen Siegerehrungen auf der »Medals Plaza« in Cavalese sah man mal ein Dutzend Schweizer oder eine kleine Gruppe Polen sowie ein paar schaulustige Einheimische. Ansonsten: nur Norweger in ihren roten Watteanoraks. Neben dem Langlaufstadion Lago di Tesero campierten norwegische Rentner in Zwölfmann-Zelten, im katholischen Gemeindesaal residierte die lutheranische »Sjömannskirken«, die Seemannskirche. Man bot Kaffee, Waffeln und norwegisches Fernsehen, das Seelenheil der Landsleute geriet kaum einmal in Gefahr. Allein die auch in Italien wieder aufgekommenen Dopingverdächtigungen drohten kurzzeitig den Seelenfrieden zu gefährden. Doch bewiesen wurde nichts, und so können sich Norwegens Medaillensammler weiterhin auf die Langlaufbegeisterung im Lande berufen, auf U19-Landesmeisterschaften, bei denen 250 Nachwuchsläufer an den Start gehen, und auf die funktionierenden Sichtungssysteme in ihren Eliteinternaten, deren Strukturen an die einst so erfolgreichen DDR-Sportschulen erinnern.

Trost und Zuwendung hatten im Val di Fiemme ganz andere Nationen nötig. Finnland beispielsweise, dessen Mannschaft mit insgesamt nur einer Bronzemedaille die Heimreise antrat, oder auch Schweden, das erst am letzten Tag noch eine Goldmedaille bejubeln konnte, als sich der famose Johan Olsson mit einem beherzten Ausreißversuch über fast 40 Kilometer verdientermaßen den Weltmeistertitel sicherte.

Auch die zuletzt so überlegenen österreichischen Skispringer waren nicht so recht zufrieden mit nur einer Goldmedaille, die im Abschlussspringen der Mannschaften von der Großschanze erkämpft wurde, vor den deutschen Springern und der Mannschaft aus Polen - allerdings erst nach einem Protest der deutschen Mannschaft. Eine falsche Punkteberechnung hatte zunächst zu einem falschen Ergebnis geführt. Nach der Korrektur wurde Norwegen vom zweiten auf den vierten Platz zurückgestuft. Der stets mürrische Skiweltverbandspräsident Gian-Franco Kasper aus der Schweiz stellte daraufhin gestern die Sprungrichter zur Disposition: »Ich hoffe, es gelingt uns, die Sprungrichter abzuschaffen. Es reicht, wenn wir zwei Richter bei der Landung haben. Wir brauchen dieses ganze Kabarett nicht«, sagte er in einem Fernsehinterview. Der Zuschauer könne in dem Wirrwarr von Haltungs- und Windpunkten »nicht mehr überblicken, was los ist«.

Wenn 2014 in Sotschi auf windanfälligen Schanzen in zu deutlich warmen Gefilden (meist Plusgrade) vor zu kleinem Publikum (nur 7000 Plätze) um Olympiagold gesprungen wird, soll kein schlechtes Licht auf den Skisprung fallen, der immer noch der Umsatzgarant der nordischen Skisportler ist. In den meisten Ländern fristen sie ein Nischendasein - abgesehen von Norwegen.

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