Verfolgte sollen es leichter haben

Enquetekommission des Landtags probt Schlussstrich in relativer Einmütigkeit

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Enquetekommission des Landtags zur Aufarbeitung der Nachwendezeit schwenkt nach über zweijähriger Betätigung auf die Zielgerade ein. Am Freitag wurde mehrheitlich jener Teil des Abschlussberichtes angenommen, der sich mit der »Wiedergutmachung und nachhaltigen Würdigung der Opfer des SED-Regimes« befasste.

Nach vergleichsweise kurzer Debatte und teilweiser Überarbeitung wurde diesem Abschnitt des Abschlussberichts mehrheitlich zugestimmt. Die Professoren Helmut Müller-Enbergs und Klaus Schroeder, von den Grünen beziehungsweise von der CDU in die Kommission entsandt, stimmten dagegen. Das wurde mit Befremden aufgenommen, weil beide zuvor gar nicht erst versuchten, Änderungen zu beantragen. Auf die Frage der Stasi-Landesbeauftragten Ulrike Poppe, was der Grund für die Ablehnung gewesen sei, äußerte Müller-Enbergs, der Text würde den Interessen der Betroffenen nicht in dem Umfange gerecht, den er für erforderlich gehalten hätte. Schroeder ließ wissen, er könne sich dem Gesamttenor nicht anschließen.

Poppe schilderte eingangs ihren Versuch, mit dem Abschlussbericht »kontroverse Positionen in ihrer Widersprüchlichkeit darzustellen«. Sie hob hervor, dass in der Potsdamer Gedenkstätte Lindenstraße - »angestoßen durch die Debatte in der Enquetekommission« - viel passiert sei. So hatte die Gedenkstätte für eine Neukonzeption eine Million Euro beantragt und im vergangenen Jahr vom Land und von der Stadt je 300 000 Euro erhalten. Konsens in der Kommission war, dass die umfassende Rehabilitation einstmals zu Unrecht Verfolgter angemessen gestaltet werden muss. Möglicherweise, weil es sich um den am wenigsten strittigen Punkt handelte, wurde dieser Teil des Abschlussberichts zuerst verhandelt. Auf 42 Seiten wird festgestellt, dass Menschen, die in der DDR aus politischen Gründen benachteiligt und verfolgt wurden, besondere Aufmerksamkeit genießen müssen. Vermerkt wurde dabei, dass Brandenburg im Bundesrat niemals Verbesserungen vorgeschlagen, sich aber Verbesserungsvorschlägen anderer Ostländer regelmäßig angeschlossen habe.

Laut Poppe kritisieren Opferverbände, dass die Überprüfung gesundheitlicher Folgeschäden ungenügend sei. Es sei angezeigt, Betroffenen im Falle der Ablehnung ihres Rehabilitierungsantrags ein Widerspruchsrecht einzuräumen und sie nicht unmittelbar zur Klage zu zwingen. Unter ihnen gebe es Menschen, »die schrecken vor Klagen zurück, weil sie weitere Kosten befürchten«. Dort, wo es Versäumnisse bei der Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur gegeben habe, tragen »alle im Landtag vertretenen Parteien« die Verantwortung, hält der Bericht ausdrücklich fest.

Müller-Enbergs thematisierte am Freitag ein Erscheinen des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) vor der Enquetekommission. Er zitierte Stolpe, wonach die Behauptung, es habe in Brandenburg keine Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit gegeben, »Hetze und Lüge« sei. Stolpe, so Müller-Enbergs, bringe wenig Verständnis dafür auf, dass sich »einige auf die Vergangenheit stürzen«. Die Kommissionsvorsitzende Susanne Melior (SPD) verwies aber darauf, dass Stolpe einer Einladung aus gesundheitlichen Gründen nicht folgen könnte.

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