Reise ohne Friedensplan
Bei seinem ersten Israel-Besuch als Präsident hat Obama die Latte tief gelegt
Drei Viertel seiner Besuchszeit, die von Mittwochnachmittag bis Sonnabendmorgen (Ortszeit) reicht, wird Obama in Israel und mit Vertretern der neuen israelischen »Siedlerregierung« verbringen, wie es die linksliberale Tageszeitung »Haaretz« formulierte. So kritisch geben sich jedoch US-amerikanische Mainstreammedien und das Weiße Haus nicht. »Wir arbeiten sehr eng mit den Israelis zusammen«, sagt Obamas Sicherheitsberater Ben Rhodes. In den Gesprächen mit dem engsten Verbündeten der USA werde es um »den Friedensprozess, Syrien und Iran gehen«. Aber von Einmischung und »Engagement«, wie Obamas außenpolitischer Wahlkampfslogan im Jahr 2008 lautete, ist nichts mehr zu hören. Ein Jahr später hatte der Präsident in seiner berühmten Rede in Kairo einen »Neubeginn« versprochen. Heute setzen Obama-Strategen stattdessen auf die bewährte »Zuerst-Israel«-Politik.
Er werde keinen »großen Friedensplan« mitbringen, hatte Obama in der ersten Märzwoche Hoffnungen gedämpft. Im Jahr 2011 war sein Versuch, neuen Wind in Friedensverhandlungen zu bringen, an der Netanjahu-Regierung gescheitert. Sie hatte sich einem Siedlungsstopp im Westjordanland verweigert. Trotzdem sah Washington von politischem Druck auf Netanjahu ab. Auch die Anerkennung palästinensischer Staatlichkeit durch die Vereinten Nationen im vergangenen November konnte die sperrige Haltung der USA und Israels nicht aufweichen.
Eine diplomatische Lösung des Nahost-Konflikts war das Ziel vieler Gipfeltreffen. Eine Auswahl:
März 1979: Israels Ministerpräsident Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar el Sadat schließen einen Friedensvertrag, den US-Präsident Jimmy Carter 1978 in Camp David vermittelt hatte.
September 1993: In Washington unterzeichnen PLO-Chef Jasser Arafat und der israelische Ministerpräsident Izchak Rabin das Oslo-Abkommen. Unter Vermittlung von US-Präsident Bill Clinton und Norwegen akzeptiert Israel die PLO als offiziellen Vertreter der Palästinenser.
Oktober 1994: Unter Clintons Vermittlung unterzeichnen Rabin und König Hussein von Jordanien in Washington einen Friedensvertrag.
September 1995: In Ägypten wird das Abkommen »Oslo II« unterschrieben, das den Palästinensern die Autonomie über ein Drittel des Westjordanlandes zuspricht.
Oktober 1998: In Wye wird ein Abkommen über den Abzug der Israelis aus weiteren palästinensischen Gebieten geschlossen. Im Dezember reist Clinton als erster amtierender US-Präsident nach Palästina.
Juli 2000: In Camp David scheitert der Nahost-Gipfel mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak und Arafat.
Juni 2003: Auf Druck von US-Präsident George W. Bush bekräftigen Israel und die Palästinenser im jordanischen Akaba ihr Bekenntnis zum Nahost-Friedensplan (»Road Map«), der einen unabhängigen Palästinenserstaat vorsieht.
November 2007: Bush lädt den israelischen Regierungschef Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nach Annapolis (Maryland) ein. Vereinbart werden direkte Friedensgespräche für eine Zwei-Staaten-Lösung. Die Initiative scheitert wenig später.
Mai 2009: Beim Antrittsbesuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei Barack Obama fordert der US-Präsident Israel zu einem Siedlungsstopp auf. Bei weiteren Treffen im Weißen Haus ist das Verhältnis der beiden Staaten frostig.
Mai 2011: In seiner Grundsatzrede an der Universität in Kairo schlägt Obama vor, dass Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern auf Basis der Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 beginnen könnten.
dpa/nd
Nach Obamas Ankunft in Tel Aviv am Mittwochnachmittag steht die strategische Kooperation zwischen Israel und den USA im Vordergrund, symbolisiert durch eine Besichtigung der als Wunderwaffe gepriesenen »Iron Dome«-Technik. Das Antiraketensystem wird von den USA finanziert. Im Washingtoner Kongress ist eine Erklärung im Umlauf, der zufolge zusätzliche Mittel dafür beschafft werden sollen.
Hiesige Medien spekulierten über eine Annäherung zwischen Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Der hatte im USA-Wahlkampf offen für den republikanischen Herausforderer Mitt Romney Stellung bezogen. Obama wiederum hatte Netanjahu bei einem Washington-Besuch demonstrativ nicht empfangen.
Nach Gesprächen mit dem israelischen Militär und mit Regierungsmitgliedern fährt Obama in das Westjordanland nach Ramallah zu Konsultationen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und Premier Salam Fayyad. Deren Namen wurden in den großen US-amerikanischen Medien weitgehend ausgespart - symbolisch für die Bedeutung, die den Palästinensern beigemessen wird.
Sowohl den Donnerstagabend als auch den größten Teil des Freitags verbringt Obama wieder in Israel. Nach einem Besuch der Geburtskirche in Bethlehem - Hommage an die katholische Kirche - begibt sich der USA-Präsident schließlich zur Haschemiten-Dynastie nach Amman. In der Zeitschrift »The Atlantic« von dieser Woche spricht sich Jordaniens König Abdullah II. - aus Sorge um einen »arabischen Frühling« in seinem Land - ausdrücklich für Reformen und einen Übergang zur Demokratie aus.
Unterdessen machten im Washingtoner Senat zwei Briefe an Obama die Runde. In einem wird der Präsident aufgefordert, Druck auf die Palästinenser auszuüben. Sie dürften Israel auf keinen Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen. In einem anderen wird das Weiße Haus aufgefordert, dem israelisch-palästinensischen Friedensprozess wieder Leben einzuhauchen. Dafür soll der neue Außenminister John Kerry sorgen. Er traf bereits am Dienstagabend in Israel ein.
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