Wegwerfen als Strategie

Studie bescheinigt: Viele Produkte sind so gebaut, dass sie gar nicht lange halten sollen

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Gutachten der Arge Regio Stadt- und Regionalentwicklung GmbH im Auftrag der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen sieht enormen Handlungsbedarf gegen die ressourcenverbrauchende Unternehmensstrategie der »Obsoleszenz«.

Mehr als Indizien gibt es nicht, auch wenn wohl alle Verbraucher das Phänomen kennen: Kurz nach der Gewährleistungspflicht geht die Spülmaschine kaputt, Schuhsohlen sind nicht zu reparieren, Kopfhörer nicht mehr benutzbar, weil der Verbindungsdraht gebrochen ist.

Obsoleszenz heißt dieses Phänomen in der Fachsprache und meint: Unternehmen nehmen billigend oder geplant in Kauf, dass Geräte verschleißen, obwohl sie viel länger halten könnten. Angesichts knapper werdender Rohstoffe und wachsender Müllberge sei diese Strategie »ökonomisch und ökologisch eine fatale Einbahnstraße«, kommentierte Nicole Maisch, Grünen-Sprecherin für Verbraucherpolitik.

Bekannt ist Obsoleszenz bereits seit den frühen 1920er Jahren: Da sich die Verbraucher zu wenig Neugeräte konsumierten, musste deren Haltbarkeit begrenzt werden. Heute ist dieses Vorgehen offensichtlich allgegenwärtig.

Verlässliche Zahlen kann jedoch auch das Gutachten nicht vorweisen: »Die Frage, ob und wie stark geplante Obsoleszenz in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zugenommen hat, ist sehr schwer mit seriösen Zahlen zu quantifizieren«, heißt es darin. Denn es handele sich um »Dunkelziffern, zu denen man bestenfalls einigermaßen plausible Schätzungen abgeben kann«. Allerdings liefere der Blick auf die Entwicklung der Ausgaben der deutschen Haushalte in den vergangenen Jahrzehnten Indizien dafür, dass die Verbreitung von geplanter Obsoleszenz deutlich zugenommen habe.

Die Möglichkeiten sind dabei vielfältig. Beispiel Bauteile: Die werden in der Produktionsentwicklung häufig so gewählt, dass sie vorzeitig verschleißen wie etwa minderwertige Kunststoffzahnräder in Handmixern. Ein anderes Ärgernis sind Produkteteile, die eine kürzere Haltbarkeit haben, aber nicht ausgebaut werden können wie etwa Akkus in elektrischen Zahnbürsten oder Mobiltelefonen. Akku kaputt - Gerät landet auf dem wachsenden Haufen mit Elektroschrott. Dabei sieht das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) sogar vor, dass Akkus nicht fest eingebaut werden dürfen. Hier wäre eine striktere Einhaltung und Kontrolle bestehender Gesetze notwendig, so die Autoren der Studie. Auch längere Garantiefristen könnten die Unternehmen dazu bringen, die Haltbarkeit ihrer Produkte zu verlängern. »Wir brauchen eine ganzheitliche Rohstoffstrategie, klare Vorgaben für die Reparierbarkeit und Austauschbarkeit von Einzelteilen und die Überarbeitung des Gewährleistungs- und Garantierechts«, fordert die Grünenpolitikerin Maisch.

Das sei auch im Sinne der Verbraucher, argumentieren die Autoren der Studie. Allein Unternehmen hätten Interesse an der sogenannten Wegwerfgesellschaft, die Verbraucher selber seien längt in der Post-Wachstumsgesellschaft angekommen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.