Halali in der Pfalz
Rollentausch vor dem Aufstiegsduell in Liga zwei: Kaiserslautern jagt den 1. FC Köln
Die 14 Herren vor dem Geißbockheim, alle im gesetzten Alter, haben es schwer. Um das Hauptquartier des 1. FC Köln pfeift ein kalter Wind, und viel zu sehen gibt es für die Rentner-Combo seit Dienstag auch nicht mehr. Zumindest keine Fußballer. Die letzten Trainingseinheiten vor dem Relegationsgipfel in Kaiserslautern finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Trainer Holger Stanislawski will bei der Arbeit seine Ruhe haben, dafür geht es heute auf dem Betzenberg dann umso munterer zu.
Dafür sorgen nicht zuletzt 7000 FC-Fans, die beim großen Zweitligaduell um Platz drei für eine kölsche Invasion in der Pfalz sorgen. In der Domstadt ist das Fußballfieber ausgebrochen - spätestens seit Ostersonntag, als die Kölner mit dem 2:1 gegen Regensburg den FCK vom Relegationsplatz verdrängten und Stanislawski sein Halali-Bonmot einmotten konnte. »Ich bin«, verkündete der FC-Coach vor kurzem noch, »lieber der mit der Flinte als das Wildschwein.« Doch ab sofort wird auf ihn und seine Kölner geschossen.
Eine Situation, die Toni Schumacher verzückt. Der frühere Nationalkeeper ist seit einem Jahr Vizepräsident beim Geißbockklub, erlebte gleich zu Beginn einen rabenschwarzen Abstiegstag mit, inklusive anschließendem Großreinemachen mit insgesamt 44 Transfers - und erklärt nun genüsslich: »Ich war schon immer lieber der Gejagte. Jetzt muss Kaiserslautern doch gewinnen - und wir können. Das ist eine tolle Ausgangsposition.«
Christian Clemens findet die neue Konstellation ebenfalls prima. »Wenn wir unseren Stiefel so weiterspielen, sind wir, glaube ich, nicht mehr zu stoppen«, lässt der überragende FC-Akteur der letzten Wochen den Lauterern schon mal ausrichten. Der Siegeswille der Kölner, die weniger durch hochwertiges Offensivspiel als durch eine solide Verteidigung und ihren nervenstarken Torwart Timo Horn (19) auffallen, ist inzwischen also von den Beinen bis in die Köpfe vorgedrungen - kein Wunder bei einem Team, das seit 15 Partien unbesiegt ist.
Zu Gute kam den Emporkömmlingen aus dem Unterhaus, die erst am siebten Spieltag den ersten Sieg feierten, dass die Erwartungen der Fans nach dem »brutalen Schnitt« (Stanislawski) vor der Saison ungewöhnlich dezent ausfielen. Angesichts der enormen Umbaumaßnahmen im Kader legte die frisch gewählte Vereinsführung das Projekt mit dem neuen Trainer von Beginn an auf mindestens zwei Jahre aus. Zudem macht sich jetzt bezahlt, dass die Kluboberen in der extrem zähen Startphase die Ruhe bewahrten und ihrem Chefübungsleiter den Rücken stärkten.
»Holger Stanislawski ist der perfekte Mann, er passt in diesen Klub wie die Faust aufs Auge«, lautet das Mantra von Vize Schumacher, der aber auch das kleine Dilemma der Kölner kennt. Denn einerseits täte dem rundumerneuerten Verein ein weiteres Jahr in der Zweiten Liga gut, um sich weiter zu festigen. Anderseits fiele es dem Klub ohne die TV-Millionen aus Liga eins deutlich schwerer, die wirtschaftlichen Sünden der Vergangenheit abzuarbeiten.
»Finanziell wäre der Aufstieg natürlich ein Segen«, betont der neue Geschäftsführer Alexander Wehrle. Sollte die direkte Rückkehr in die erste Liga dagegen misslingen - so weiß Trainer Stanislawski schon jetzt: »Dann steht der Umbruch vom Umbruch an.«
2. Bundesliga, 28. Spieltag
Kaiserslautern - Köln 18.00
Bochum - Aue 18.00
Aalen - Ingolstadt 18.00
Regensburg - Frankfurt Sa. 13.00
Dresden - St. Pauli Sa. 13.00
1860 - Cottbus So. 13.30
Duisburg - Sandhausen So. 13.30
Paderborn - 1. FC Union So. 13.30
Hertha - Braunschweig Mo. 20.15
1. Hertha BSC 27 51:21 59
2. Braunschweig 27 44:22 58
3. 1. FC Köln 27 35:24 46
4. Kaiserslautern 27 38:24 45
5. 1860 München 27 29:22 41
6. FSV Frankfurt 27 40:34 40
7. Cottbus 27 32:29 39
8. 1. FC Union 27 44:40 38
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.