IWF bedrängt Dänemark

Hochriskante tilgungsfreie Darlehen könnten das Land in eine Wirtschaftskrise stürzen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Dänemark leidet unter riskanten Hypothekenkrediten - kein Einzelfall in Europa.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat unseren nördlichen Nachbarn ins Visier genommen: Der IWF drängt Dänemark, hochriskante tilgungsfreie Hypothekendarlehen aufzugeben. »In vielen Ländern ist diese Art von Krediten verboten«, sagte Yingbin Xiao, Leitender Ökonom beim IWF in Washington, in einem Interview. »Wir würden es für klug halten, wenn sie diese wegen des Risikos schrittweise auslaufen lassen.« Andernfalls könnte die Immobilienblase platzen.

Bei tilgungsfreien Krediten werden zehn Jahre lang nur die fälligen Zinsen bezahlt. Erst nach einer Dekade beginnt der »Bauherr« mit der Abzahlung seiner Schulden. Dadurch blieben Hypotheken auch während der Rezession erschwinglich. Die ausbleibende Tilgung ist aber sehr riskant und führte zu einer im internationalen Vergleich sehr hohen privaten Verschuldung. In dieser kritischen Situation sinken nun auch noch die Eigenheimpreise.

Dänemarks Banken hatten 2003 damit begonnen, tilgungsfreie Darlehen zu vergeben. Inzwischen machen sie nach Branchenschätzungen fast zwei Drittel aller vergebenen Hypotheken aus. Nach einer Studie der Syddansk Universitet in Odense dürften bald mehr als 100 000 Hauseigentümer Hilfen zur Rückzahlung benötigen. Für das wirtschaftlich erfolgreiche Land mit seinen fünf Millionen Einwohnern eine Bedrohung: Platzen zu viele Hauskredite, droht eine Banken- und Wirtschaftskrise.

Tilgungsfreie Kredite sind auch in Deutschland verbreitet. »Es kommt jedoch auf das Gesamtpaket an, auf die gesamte Finanzierung«, erklärt ein Sprecher des Bausparkassenverbandes in Berlin. Eine Warnung wie jetzt für Dänemark hätte man sich vom IWF rechtzeitig für andere Länder gewünscht: Ähnlich extreme Finanzierungen hatten in den USA 2007 die weltweite Finanzkrise ausgelöst. Doch ebenfalls in Europa gibt es akute Problemfälle: Großbritannien, Spanien und seit kurzem auch die Niederlande. Dabei sprechen Fachleute von einer »verschuldungsgetriebenen Finanzierung«: Der Kaufpreis der Immobilie wird bis zu 100 Prozent über Kredite finanziert. Zeitweilig hatten manche Banken sogar bis 120 Prozent der Bausumme finanziert, für ein großes Auto oder eine Karibik-Reise obendrauf. Dies geht solange gut, wie die Immobilienpreise immer weiter steigen und die Jobs sicher sind.

In Deutschland finanzieren Banken Immobilien dagegen üblicherweise nur, wenn 20 bis 30 Prozent Eigenkapital und damit ein großer Risikopuffer vorhanden ist. Diese »eigenkapitalgetriebene Finanzierung« setzt einerseits der Bautätigkeit Grenzen, bremst also kurzfristig die Konjunktur. Langfristig scheint es aber der solidere und nachhaltigere Weg zu sein. Investitionsruinen wie in den USA oder Spanien sind hierzulande ausgeblieben.

Am riskantesten sind »fremdwährungsgetriebene Finanzierungen«. Vor allem in Ungarn wurden nach 1990 von österreichischen, italienischen und deutschen Banken Kredite in Schweizer Franken und anderen ausländischen Währungen millionenfach verkauft. Als sich der Franken seit 2008 verteuerte, wurden die Baufinanzierungen für die Schuldner unbezahlbar. Ende offen.


Lexikon

Wer ein Haus baut, benötigt eine Baufinanzierung. Diese ist nicht ohne Risiko. In Deutschland sind daher langfristige Verträge mit festen Zinssätzen über zehn, fünfzehn Jahre üblich. Das macht die Baufinanzierung kalkulierbar. In vielen Ländern sind dagegen Verträge üblich, die nur zwei Jahre lang den Zins festschreiben. Steigen die Zinssätze, kann eine Finanzierung schnell platzen. hape

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -